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An Johann Friedrich Cotta

Ew. Hochwohlgeboren

nehmen gewiß wahren Antheil wenn ich vermelde daß es mir durch die drey Monate her in Böhmen abermals sehr wohlgegangen und ich bey den Marienbader Heilwassern viel mehr Wohlthätigkeit und Herstellung gefunden als ich nur hoffen konnte; zu wünschen bleibt mir daher nichts übrig als daß, nachdem ich meinen Nachhausweg auf gleiche Weise gefunden, ich auch den bevorstehenden Winter freudig und thätig zubringen möge.

Nur wenig verdriesliche Momente überraschten mich dort, wovon zu melden nicht unterlassen darf.

Ich fand mich nämlich im Buchladen, zum eisernen Kreuz in Carlsbad, mit mehreren Freunden und Fremden, denen man eine Ausgabe meiner Wercke, Wien und Stuttgard, den letzten Band vom vorigen Jahre, unbewunden vorlegte. Man war im Handel [225] und fragte mich was denn wohl von dem vorliegenden Abdruck zu halten sey? Ich antwortete, vielleicht zu naiv: daß ich gar nichts davon wisse! Und bey näherer Betrachtung mußte es doch bedenklich scheinen, eine Original Ausgabe wovon der Verfasser keine Kenntniß hat und der Verleger sich nicht nennt, vor Augen zu sehen. Sodann überzeugte mich nur weniges Nachblättern daß hier die krassesten Druckfehler der ersten Abdrücke abermals vervielfältigt und gleichsam verewigt worden.

Anwesende fragten mich ferner: wie es denn komme, daß man die ächte Ausgabe nur bis zum 20ten Theil, diesen Nachdruck aber bis zum 26ten vorfinde? Wodurch die Besitzer der ersten sehr benachtheiligt wären. Welche Frage ich denn auch nicht genugsam zu beantworten im Stande, in meiner eigensten Sache als gleichgültig, nachlässig und unvorsichtig erscheinen mußte.

Haben Sie die Güte mich darüber aufzuklären zu meiner Beruhigung: denn ich darf wohl versichern daß es der einzige unangenehme Eindruck ist den ich von meinem heurigen, sonst so glücklichen Sommeraufenthalt mit nach Hause bringe. Alles Weiteren enthalt ich mich, und darf die Versicherung kaum hinzufügen: daß sich für mich selbst, so lange mir hier zu verweilen gegönnt ist als auch künftig für die Meinigen, das so werthe, zwischen uns bestehende Verhältniß, welches mich immer an die Vermittlung [226] Schillers erinnert, immer fort ungetrübt sich erhalten möge. Die besten Wünsche.

gehorsamst

Weimar d. 21. Sept. 1823.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F74-6