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An die Großherzoglich SächsischeLandesdirection

[Concept.]

[17. August 1817.]

Eine Hochansehnliche Großherzoglich Sächsische Landes-Direction hat in No. 76 des vorjährigen weimarischen Wochenblattes eine verehrliche Verfügung gegen die im Parke verübten Frevel publicirt. Man nimmt sich die Freyheit auf ähnliche Unarten in den anstoßenden Promenaden aufmerksam zu machen.

In der Ackerwand steht eine Reihe Castanienbäume; sobald nun die Früchte einigermaßen zu reifen anfangen, werfen die Knaben mit Steinen darnach, ohne sich im mindsten um die Vorübergehenden zu bekümmern.

Ferner wird man nicht nur auf gedachter Straße, sondern auch in den Gärten belästigt; nach Obstbäumen [218] die an der Mauer her stehen werfen unbändige Knaben, bey noch völlig unreifen Früchten, Steine ja Knittel, und der Besitzer, in Gefahr auf eignem Grund und Boden verletzt zu werden, sieht sich in der Hoffnung getäuscht seine Früchte zu genießen.

Ja was ganz seltsam scheinen muß, dasselbe geschieht mitten im Winter an unbelaubten Bäumen, auf denen nicht etwa ein Nest oder sonst etwas zu bemerken ist, welches Aufmerksamkeit oder Begierde erregen könnte. Wie denn der Gensd'armes Lenger, dem ich die bis in die Mitte meines Gartens geflogene Steine vorgewiesen habe, bezeugen kann.

Möge es einer hohen Behörde gefallen, diesen, die öffentliche und Privat-Sicherheit gefährdenden Unarten durch weise Anordnung und kräftige Maßregeln für die Zukunft zu begegnen.

Weimar d. 1817.

Weil ich nicht gern in meinen Privatangelegenheiten den höheren Behörden beschwerlich falle, so hielt ich Vorstehendes eine Zeitlang zurück; da ich aber nach meiner Rückkunft von Jena, bey gegenwärtig reifenden Früchten, den Unfug immer wachsend antreffe, so seh ich mich genöthigt dieses geziemende Ersuchen endlich abgehen zu lassen. Wobey ich zugleich bewähren kann, daß es eine öffentliche Sache sey: denn indem ich, aus meiner Gartenthüre heraustretend, dergleichen frevelnde Knaben zur Zucht [219] verwies, stimmten mehrere von ihren Krautländern zurückkehrende Menschen in meine Rede mit ein, versichrend: daß sie auf diesem so gangbaren und unvermeidlichen Wege durch solchen beschwerlichen Unfug getroffen und verletzt zu werden öfters in Gefahr geriethen. Weshalb ich denn meinen obigen Vortrag auch im Namen dieser in häuslichen Geschäften, besonders gegenwärtig, nothgedrungen hin- und herwandelnden Personen geneigter Gewährung hochachtungsvoll zu empfehlen nicht länger anstehe.

Weimar d. 15. August 1817.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1817. An die Großherzoglich SächsischeLandesdirection. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9FA7-3