1804, Anfang März (?).
Beim Theaterdecorationsmaler
Die erste Darstellung von Schiller's »Wilhelm Tell« sollte in Weimar unter Goethes persönlicher Leitung stattfinden. Der letztere ließ auch die Decorationen dazu größtentheils neu anfertigen. Eines Tages nahm er die schon fertig gewordenen Hintergründe in Augenschein, unter welchen sich auch der, zu der Scene ›Vor Stauffacher's Haus‹ befand. Bei Betrachtung desselben schüttelte Goethe mißbilligend den Kopf und bat den Maler freundlich, ihm einen recht dicken Pinsel zu geben. Ohne ein weiteres Wort tauchte er denselben dann in die Farbe und begann zum Schrecken des Künstlers durch die schöne Schweizerlandschaft mit ihren Höhenperspectiven kräftige Striche zu ziehen. Aber siehe da! bald entwickelten sich statt der fernen kleinen Gipfel unter Goethes Händen gewaltige, ganz nahe Berge und Felsmassen. »Wir dürfen nicht vor der Schweiz stehen,« rief er dabei; »wir wohnen mitten drin.« Der Maler erkannte das als zutreffend und verbesserte seinen Fehler gern im Sinne des Dichters.
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