1830, 17. Februar.


Mit Johann Peter Eckermann

Wir sprachen über das Theater, und zwar über die Farben der Decorationen und Anzüge. Das Resultat war folgendes:

[216] »Im allgemeinen sollen die Decorationen einen für jede Farbe der Anzüge des Vordergrundes günstigen Ton haben, wie die Decorationen von Beuther, welche mehr oder weniger ins Bräunliche fallen und die Farben der Gewänder in aller Frische heraussetzen. Ist aber der Decorationsmaler von einem so günstigen unbestimmten Tone abzuweichen genöthigt, und ist er in dem Falle, etwa ein rothes oder gelbes Zimmer, ein weißes Zelt oder einen grünen Garten darzustellen, so sollen die Schauspieler klug sein und in ihren Anzügen dergleichen Farben vermeiden. Tritt ein Schauspieler mit einer rothen Uniform und grünen Beinkleidern in ein rothes Zimmer, so verschwindet der Oberkörper und man sieht bloß die Beine; tritt er mit demselbigen Anzuge in einen grünen Garten, so verschwinden seine Beine und sein Oberkörper geht auffallend hervor. So sah ich einen Schauspieler mit weißer Uniform und ganz dunkeln Beinkleidern, dessen Oberkörper in einem weißen Zelt, und dessen Beine auf einem dunkeln Hintergrunde gänzlich verschwanden.

Und selbst,« fügte Goethe hinzu, »wenn der Decorationsmaler in dem Falle wäre, ein rothes oder gelbes Zimmer oder einen grünen Garten oder Wald zu machen, so sollen diese Farben immer etwas schwach und duftig gehalten werden, damit jeder Anzug im Vordergrunde sich ablöse und die gehörige Wirkung thue.«

Wir sprechen über die ›Ilias‹ und Goethe macht[217] mich auf das schöne Motiv aufmerksam, daß der Achill eine Zeit lang in Unthätigkeit versetzt werde, damit die übrigen Helden zum Vorschein kommen und sich entwickeln mögen.

Von seinen ›Wahlverwandtschaften‹ sagt er, daß darin kein Strich enthalten, der nicht erlebt, aber kein Strich so, wie er erlebt worden. Dasselbe von der Geschichte in Sesenheim.

Nach Tische ein Portefeuille der niederländischen Schule durchgesehen. Ein Hafenstück, wo Männer auf der einen Seite frisches Wasser einnehmen und auf der andern Würfel auf einer Tonne spielen, gab Anlaß zu schönen Betrachtungen, wie das Reale vermieden, um der Wirkung der Kunst nicht zu schaden. Der Deckel der Tonne hat das Hauptlicht; die Würfel sind geworfen, wie man an den Gebärden der Männer sieht, aber sie sind auf der Fläche des Deckels nicht gezeichnet, weil sie das Licht unterbrochen und also nachtheilig gewirkt haben würden.

Sodann die Studien von Ruysdael zu seinem Kirchhof betrachtet, woraus man sah, welche Mühe sich ein solcher Meister gegeben.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1830. 1830, 17. Februar. Mit Johann Peter Eckermann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A120-6