1830, 10. Januar.


Mit Johann Peter Eckermann

Heute zum Nachtisch bereitete Goethe mir einen hohen Genuß, indem er mir die Scene vorlas, wo Faust zu den Müttern geht.

Das Neue, Ungeahnte des Gegenstandes, sowie die Art und Weise wie Goethe mir die Scene vortrug, ergriff mich wundersam, sodaß ich mich ganz in die Lage von Faust versetzt fühlte, den bei der Mittheilung des Mephistopheles gleichfalls ein Schauer überläuft.

Ich hatte das Dargestellte wohl gehört und wohl empfunden, aber es blieb mir so vieles räthselhaft, daß [178] ich mich gedrungen fühlte, Goethe um einigen Aufschluß zu bitten. Er aber, in seiner gewöhnlichen Art, hüllte sich in Geheimnisse, indem er mich mit großen Augen anblickte und mir die Worte wiederholte:

Die Mütter! Mütter! 's klingt so wunderlich!


»Ich kann Ihnen weiter nichts verrathen,« sagte er darauf, »als daß ich beim Plutarch gefunden, daß im griechischen Alterthume von Müttern als Gottheiten die Rede gewesen. Dies ist alles, was ich der Überlieferung verdanke, das übrige ist meine eigene Erfindung. Ich gebe Ihnen das Manuscript mit nach Hause, studiren Sie alles wohl und sehen Sie zu, wie Sie zurechtkommen.«

[179]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Gespräche. 1830. 1830, 10. Januar. Mit Johann Peter Eckermann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-A1C1-B