1826, November oder December.
Mit Jenny von Pappenheim
Im November 1826 kam ich nach Weimar zurück. Schüchtern, mit hochklopfendem Herzen erschien ich vor Goethe, der mich und meine Mutter im Aldobrandinizimmer mit großer Freundlichkeit empfing. Ich sehe ihn noch vor mir: nicht allzu groß und doch größer erscheinend, als andere, mit jener Jupiterstirn, die ich am vollendetsten in der von Bettina gezeichneten Statue wiederfinde, die unser [Weimarer] Museum schmückt, während seine Augen durch Stieler ambesten wiedergegeben sind. Auch mich sehe ich noch im rosa Kleid und grünem Spenzer unter einem großen, runden Hut, heiß erröthend bei seinem kräftigen Händedruck. Ich brachte keinen Ton über die Lippen, obgleich er mich, wie er es gern bei jungen Mädchen that, mit ›Frauenzimmerchen‹ und ›mein schönes Kind‹ ermuthigte; erst als er lächelnd sagte: ›Die Augen werden viel Unheil anrichten‹; ermannte ich mich zu der verwunderten Frage: »Warum denn gerade Unheil?«
[142]