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Ewr Wohlgeborn

geehrtes Schreiben vom 7ten Mai ist mir gestern und wenige Stunden zuvor sind mir die Druckbogen geworden: allerdings ist die Buchhandlung schuld. Ich danke Ihnen für die zahlreichen Exemplare. Daß meine Sache Ihren Beifall hat, ist mir ungemein schmeichelhaft, und es freut mich daß Sie solche Ihren Physikalischen Freunden empfehlen wollen. Gern möchte ich Ihnen auch für die Sorgfalt der Korrektur meinen Dank abstatten; doch kann ich das leider nicht so ganz und gar; wie die einliegende Druckfehlerliste, welche einige sehr arge und ärgerliche enthält, belegt. Nun aber bitte ich Sie, machen Sie es, so weit es noch möglich ist, dadurch gut, daß Sie ohne einen Augenblick zu verlieren, diese Liste der Druckerei übergeben, damit man nicht mir einige schändliche Schnitzer zuschreibt, die, Leider! dastehn. Mein Trost ist, daß, zufolge Ihrem letzten Brief, der Druck noch nicht zu Ende ist und ich traue Ihnen zu, daß Sie, zu meiner Ehrenrettung, auf die Hinzufügung der Druckfehler bestehn werden.

Andererseits haben Sie einige Aenderungen vorgenommen, die nicht in der Befugniß lagen, Druckfehler oder entschiedene Sprachfehler zu korrigiren, worauf ich Sie gebeten hatte sich zu beschränken. Hieher gehört der Zusatz Berolinensi auf dem Titel: ich bin kein Berliner und mag keiner seyn, und noch dazu sieht es aus, als wäre ich ein Student: - Das Datum haben Sie vom Ende der Abhandlung an den Schluß des Prooemii versetzt, welches dadurch zu einer Vorrede, die nicht zur Sache gehört und daher von Vielen nicht gelesen wird, gestempelt ist, während es ein integrirender Theil ist. Im Anfang haben Sie, zu vernacula, lingua gefügt, welches abundirt. Von den nominibus propriis haben Sie das us weggenommen, mein quum überall in cum, heic in hic verändert u. s. w., Dinge worin Jeder gern seiner eigenen Ansicht folgt und folgen darf. Literae erklärt Wolf für falsch. Nun, es sind doch alles Sachen die sich verschmerzen lassen, wenn nur die Druckfehlerliste angehängt wird, worauf ich rechne. Somit bin ich im Ganzen sehr zufrieden und froh meine Sache ins Europäische Publikum gebracht und sicher aufbehalten zu[126]wissen, und danke Ihnen von Herzen dafür, es vermittelt zu haben. Ohne Druckfehler kommt so selten ein Buch in die Welt, als ein Kind ohne Makel.

Das Exemplar des Bandes, welches ich dankbar entgegen nehmen werde, kann immerhin mit der langsamen Buchhändlergelegenheit reisen; aber diese ersten Exemplare hätte ich gern mit der Post erhalten. - Ich bitte mir, zugleich mit der beruhigenden Versicherung der angehängten Druckfehlerliste, Nachricht zu geben, ob Sie wohl für Baron de Férussac und seine Bulletins der Brockhausischen Buchhandlung ein Exemplar zugestellt haben; sonst muß ich es thun.

Somit freut es mich unsre Angelegenheit doch endlich zu erwünschten Ziel gekommen zu sehn, und werde ich allezeit mit unwandelbarer Hochachtung verharren

Ewr Wohlgeborn
ergebener Diener Arthur Schopenhauer.

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TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 9. Juni 1830. Schopenhauer an Radius. Z_1830-06-09_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001B-FBAE-5