[20]

Obgleich in einiger Bedrängniß von verschiedenen Seiten, geschäftlich, typographisch und gewissermaßen körperlich, will nicht versäumen, Ihnen, verehrter Freund, für das letzte liebe Schreiben bestens zu danken und von dem wackern Meyer die lebhaftesten Grüße auszusprechen. Er ahnet den Sinn Ihrer Worte und war von der Nähe einer Krise bey seiner Abreise freylich überzeugt; möge alles durch kluge Leitung zum Besten gedeihen!

Unsere Abend-Unterhaltungen beziehen sich allein auf Berlin; gestern trug er mir das Schema seines Aufsatzes mündlich vor, zu meiner höchsten Zufriedenheit; wir sind einstimmig und Sie werden es gewiß billigen, daß er mit tüchtiger Aufrichtigkeit sich ausdrücke, und man wird alsdann schon höhern Orts andeuten: inwiefern man eine öffentliche Mittheilung modificirt wünsche.

[...] [21] [...]

Daß schon, seit jener ersten persönlichen Bekanntschaft, mein Wunsch Berlin zu besuchen, die dortigen trefflichen Männer, die herrlichen Kunstbesitzungen und die übrige große Existenz einer bedeutenden Königstadt zu schauen, zu erkennen und zu verehren, sehnlichst gewachsen, dafür bedarf es wohl keiner[22]wörtlichen Betheurung; seit Meyers Rückkunft ist dieses Gefühl zu einer Art Ungeduld geworden, daß, wenn Fausts Mantel in meinem Besitz wäre, Sie mich augenblicklich bey Sich würden einfliegen sehen. Im Frühjahr hoff ich wieder zeitig Carlsbad zu besuchen, wenn ich nur dadurch in den Stand gesetzt würde, meine heißesten Wünsche zu erfüllen.

Empfehlen Sie mich des Herrn Ministers Excellenz auf das angelegentlichste, danken verbindlichst für die unserm Freunde geschenkte Gunst und Förderniß; mit der Versicherung, daß wir beide das gegönnte Vertrauen gewiß zu schätzen wissen und die nächste Zeit auf das so willig übernommene Werk aufmerksamst zu verwenden für Pflicht halten. Möge das, was freylich nur im Allgemeinen gesagt werden kann, auch im Besondern anwendbar seyn.

CC-BY-NC-SA-4.0

Editionstext kann unter der Lizenz „Creative Commons Attribution Non Commercial Share Alike 4.0 International“ genutzt werden.


Holder of rights
Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 19. November 1820. Goethe an C. L. F. Schultz (Auszug). Z_1820-11-19_c.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001B-FBD9-4