✍Ein hohes (könig.)königliches Ministerium hat
am 21. (l. M.)laufenden Monats sub 19156 den Unterzeich-
neten gewürdigt für die nach Abgang
des Prof. Dr. Bartels an der (könig.)königlichen
Universität zu Breslau erledigte
ordentliche Professur der Physiologie
mit Stipulirung eines Gehaltes von
800 Thalern (pr. Courr.)preußisch Courant jährlich und
Zusicherung eines Reisegeldes von 200 (Th.)Thalern
mit der Rücksicht zu berufen, wenn
gegen ihn das (könig.)königliche Ministerium
der Polizey nichts einzuwenden hätte.
Derselbe schätzt sich einen solchen
Ruf für eine hohe Ehre, und für
den Anfang eines soliden Lebensglücks,
und mit dem Bewußtseyn in harmlosen
Bestrebungen und Beschäftigungen für
Wissenschaft, und in Achtung für die
geheiligte Macht des Staates von
früher Jugend auf gelebt zu haben,
ist derselbe mit Freuden bereit
der ihm zugewiesenen Bestimmung
zu folgen, in der erlaubten Voraus-
setzung, daß um der Würde des Fachs
Willen als der Seele der medizinischen
Wissenschaften unter obigen Bedin-
gungen auch die Decanabilitaet mitverstanden sey.
Wenn ferner gegenwärtiges Ereigniß
denselben als ein ungehofftes Glück erfreut,
so ist derselbe von der andern Seite
sich lebhaft bewußt, daß es nicht an
ihm, nur an äußern ungünstigen Ver-
hältnissen bisher gelegen, daß er
nicht gegenwärtig bereits von einer
selbsterrungenen besseren Stelle
gerufen werde, und da sein äußerer
wissenschaftlicher Apparat eben aus
solchen Gründen sehr unbedeutend ist
und besonders in der ersten Zeit
manche Auslagen erfordern wird,
da auch eine geliebte alte kränkliche
Mutter die unschätzbare Pflicht der
letzten Versorgung in Anspruch nimmt,
auch derselbe um der Wissenschaft Willen
alles anderweitigen Erwerbs durch medi-
zinische Praxis sich zu entschlagen
verspricht: so stellt Unterzeich-
neter als der weltbekannten
Liberalität des hohen (könig.)königlichen
Ministerii anheim, obige 800 (Th.)Thalern
mit noch 200ten vermehren zu
wollen, und in Rücksicht daß
derselbe auf Veranlassung gegen-
wärtigen Verhältnisses eine Reise
hieher unternommen und sich hier
anderthalb Monathe aufgehalten
demselben eine Gratification
angedeihen zu lassen,
[158r]mit der Versicherung, daß derselbe
was an ihm ist sich bestreben wird
die Wissenschaft zu fördern, die Kennt-
nisse der ihm vertrauenden Studi-
renden zu begründen, in allen
Collegialen Verhältnissen friedsam
thätig und pünktlich zu seyn,
und hiemit der gnädigen Wahl
eines hohen Ministerii Ehre
zu machen.
1822.
(MDr)Medicinae Doctor und Assistent der
Anatomie und Physiologie
an der (k. k.)kaiserlich-königlichen Universität zu Prag.
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- TextGrid Repository (2022). Goethes Farbenlehre in Berlin. Repositorium. 24. November 1822. Purkinje an Kultusministerium. Z_1822-11-24_k.xml. Wirkungsgeschichte von Goethes Werk „Zur Farbenlehre“ in Berlin 1810-1832. Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. https://hdl.handle.net/21.T11991/0000-001C-1939-7