Des Portes

Nichts/ was des Himmels Zorn auff unsre Schultern legt/
Was unsre Zärtligkeit mit Furcht und Schrecken trägt/
Nicht Sorge/ Leyd und Qual/ nicht Kummer/ Angst und Wehe/
Nicht Armutt/ Streit und Haß/ nicht Brand noch Wassers-Noth/
Nicht Hitze/ Kält und Frost/ nicht Hunger/ Mord und Tod/
Gleicht sich an Grausamkeit dem schweren Joch der Ehe.
Gesetze/ welches dient zum Hencker unsrer Lust/
Durch dessen rauhen Zwang entsteht in unsrer Brust
Verachtung/ Eyffer/ Neyd/ Verdruß und Widerwillen!
Gefängnis/ welches Leib und Geist zugleich bestrickt/
Gifft/ welches unsre Rast und Ruh zu Grabe schickt/
Das zu vergleichen steht den bitter-süssen Pillen.
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Man sagt/ als Jupiter Prometheus kühne That
Zur Straff in vollem Grimm und Zorn gezogen hat/
Als sein verfluchter Leib den Vogeln ward zur Speise/
So habe sich noch nicht sein Eyffer abgekühlt;
Damit man nicht wie vor mit seiner Gottheit spielt/
Strafft er die arme Welt auff mehr denn eine Weise.
Es wird ein Weib von ihm den Menschen zugeschickt/
Der Lieb- und Freundligkeit aus ihren Augen blickt.
Die Alabaster Hand trägt alles Ubels Saamen
Gefüllet in ein Horn/ Furcht/ Feindschafft/ Traurigkeit/
Die Sorge samt dem Schmertz/ das Alter/ böse Zeit
Und was man auff der Welt hat vor verhasste Nahmen.
Aus ihrer Stirne macht die Venus Helffenbein/
Apollo flösset ihr beliebte Reden ein/
Ihr Hertze stält Vulcan/ Mars giebet ihr zur Steuer
Den kühn- und frechen Mutt/ den man noch heute schaut.
Der Mensch erkieset sie alsbald zu seiner Braut/
Wie wird doch ihm und uns die schnöde Wahl so theuer!
Hiervon soll der Tyrann/ der Ehstand/ kommen her:
Zu herrschen über uns ist einig sein Begehr/
Die Freyheit/ seinen Feind/ kan er nicht um sich leiden:
Sein Auge winckt/ es lacht der Mund/ uns lockt die Hand/
Den/ der zu nahe traut/ umfast ein solches Band/
Daß ihn der blasse Tod allein davon kan scheiden.
An seiner Seiten hält die Mühsamkeit die Wacht/
Der Fleiß/ die Arbeit giebt auff Thun und Wincken Acht.
An der Trabanten statt pflegt um thn her zu lauffen
Neyd/ Eyffer/ nebst der Furcht/ die unbekannte Pein/
(So schätzet sie der Wahn) Actäons Hirsch zu seyn/
Die späte Reue sieht man schlüssen diesen Hauffen.
Die blasse Traurigkeit/ der Zorn verfolgen ihn/
Die Liebe/ wo er herrscht/ pflegt weiter fort zu ziehn/
Die seiner Grausamkeit soll Deck und Larve geben.
Denn sie von langer Zeit zu siegen abgericht/
Ihr eigen Ober-Herr kennt kein Gesetze nicht/
Läst keinen schnöden Zwang an ihrem Hofe leben.
[80]
Der Dichter Schaar erzehlt von Plagen ohne Zahl/
Vom Steine Sisyphus und von Ixions Qual/
Vom schwartzen Cerberus und von Megärens Schlangen/
Und was sie uns noch mehr Erschrecklichs bilden für:
Diß alles geht noch hin: viel schwerer scheinet mir
Zu leiden/ wen das Joch der Ehe hält gefangen.
In ein Gefängnis seyn versteckt auff Lebens-Zeit/
Ertragen tausend Müh und Widerwärtigkeit/
Ein greulich Weib bey sich im Hauß und Bette wissen/
Sie hütten/ wo sie schön/ nachforschen was man sagt/
Mit steter Furcht/ mit Zorn/ und Sorge seyn geplagt/
Ist mehr als Tityus von seinem Geyer büssen.
Ich schweige/ was uns mehr vor Kummer wird gemacht/
So manchen schweren Tag/ so manche böse Nacht/
So manch verdrüßlich Wort/ und so viel herbe Klagen:
Wer diese zählen will/ wird eh der Sternen Heer/
Die Blumen durch den Mäy/ den leichten Sand am Meer/
Die Aehren durch das Feld in ein Register tragen.
Warum denn brauchen wir Vernunfft und Augen nicht/
Zu fliehen diesen Ort wo andern weh geschicht!
Warum denn wollen wir nicht diesen Abgrund meyden?
Selbst unser Untergang gefällt uns allzuwohl/
Wir schmieden dieses Schwerdt/ das uns verletzen soll/
Und suchen uns den Fels/ an dem wir Schiffbruch leiden.
Hielt unsre Augen nicht ein tieffer Schlaff verblendt/
Es würde die Gefahr am Hochzeit-Tag erkennt/
Und was vor Glück und Lust ins künfftig sey zu hoffen.
Der hellen Fackeln Brand stimmt unserm Brande bey/
Der Musicanten Schall/ die Unruh/ das Geschrey/
Scheint unser künfftig Leyd und Leyden auszuruffen.
Hört Menschen/ die ihr nicht auff rechtem Wege seyd/
Und eilet gleich/ als blind/ in schwere Dienstbarkeit/
Seht auff das mindste wie und wen ihr sollet nehmen:
Bringt euch ein reiches Weib viel Schätz und Gütter ein/
So muß eur Ohre taub/ die Zunge stumm zu seyn/
Das Auge nicht zu sehn sich alsobald bequemen.
[81]
Was bildet ihr nicht ein ihr auffgeblasner Geist/
Der den verachten Mann bald so/ bald anders heist/
Und täglich/ daß er ihr nicht werth noch würdig/ saget?
Was sie gedenckt und thut ist voller Tyranney.
Ein Sclave/ welchen stets der schweren Geissel Bley/
Der harte Prügel treibt/ ist nicht/ wie er/ geplaget.
Bringt sie die Armutt euch zur Steuer in das Hauß/
So weichet alle Lust und alle Freude draus/
Der nackten Kinder Last/ die Brodt zu heischen pflegen/
Der leeren Kasten Zahl/ des Mangels Uberfluß
Macht/ daß man Tag und Nacht in Sorgen leben muß.
Da/ wo die Armutt ist/ kömmt alles ungelegen.
Nehmt ihr ein schönes Weib/ so dencket zuvorhin/
Daß Furcht und Sorge nie von eurer Schwelle ziehn/
Des Nachbars Blicke kan eur Eyffer nicht verbitten/
Ihr stellt ein jeder nach: Wer jeden hindern will
Der richtet wenig aus und unterfängt sich viel/
Ein schönes Frauensbild ist sehr beschwert zu hütten.
Nehmt ihr ein häßlich Weib/ Vergnügen gutte Nacht!
Aus eurem Hauße wird ein Kercker euch gemacht/
Kein Sonnenschein wird euch erfreuen oder plagen/
Die Thränen sind eur Tranck/ Betrübnis eure Kost.
Denckt bey euch selber/ was ihr haben könt vor Lust/
Des schönsten Weibes kriegt man satt in dreyen Tagen.
Wen ein vergiffter Pfeil von Amors Bogen trifft/
Der brauche nur alsbald das starcke Gegen-Gifft:
Es wird ihm Lieb und Lust in kurtzer Zeit vertreiben.
Hat dein verliebtes Hertz entzündet fremde Zier:
Begehrstu kalt zu seyn? vermähle dich mit ihr.
Kein besser Mittel kan Hippocrates verschreiben.
O Leben/ welches uns das Leben sauer macht/
Tod/ den der Tod allein kan tödten/ gutte Nacht!
Zur Rache müsse sich mein ärgster Feind vermählen.
Mein ungezwungner Geist bleibt von dir ungefällt/
Die Freyheit gehet mir vor alles in der Welt/
Ich will mir eh ein Grab/ als eine Frau erwählen.

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TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Vermischte Gedichte. Des Portes. Des Portes. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-CF50-E