Der edle Schecken

Wie schade/ daß ich hier nunmehr darnieder liege!
Mich zeugte Zimber-Land/ ein Schiff war meine Wiege/
Mein Kleid war Schnee und Sammt/ mein Auge voller Glutt/
Mein Schenckel voller Krafft/ mein Hertze voller Mutt.
Mein spielend Maul voll Schaum; mein wohl-gewölbter Rücken/
Trug jeden starcken Mann: Ich wuste nichts von Tücken/
Die unanständig seyn; nur gerne war ich frey/
Und ließ mir nicht den Schmid von hinten kommen bey.
Piastens lezter Sohn hat mich mit Lust beschritten/
Wenn er den Kopff gefällt/ wenn er den Ring erritten.
Mein Glücke fiel mit ihm/ wies an den Höfen geht/
Wo auff des Herren Heyl der Diener Wohlfart steht.
Doch fiel mir nicht der Mutt: wer sich nur wohl gehalten/
Und redlich hat gedient/ kan doch mit Ehren alten/
Die Liebe/ die mein Herr den Seinen hinterließ/
Die Treue/ die ich ihm nach meiner Pflicht erwieß/
Hat mir noch so viel Gunst bey Lebens-Zeit erworben/
Daß ich/ der Jahre satt/ im Herren-Dienst gestorben.
Zieht manch veraltet Pferd den Karn und Glocken-Strang/
Darüber klag ich nicht/ und weiß dem Herren Danck/
Der mich bey Ruhe/ Lust und Futter lassen leben/
Und keiner schnöden Hand zu Diensten untergeben.
Der mich/ so alt als ie nicht leicht ein Pferd/ beklagt/
Und mehre Kosten noch auff mein Gedächtnis wagt.
Wer saget aber/ daß ich hier darnieder liege?
Ich liegen? stand ich nicht in meiner ersten Wiege?
Wer mich gesehen hat wird noch ein Zeuge seyn/
Wie sich mein Haubt zum Schlaff im stehn gewieget ein.
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Nach muntrer Fohlen Art scherzt ich mit Sprung und Streiche/
Kein Riese Pferdes-Art thät mirs an Künheit gleiche/
Biß Renter/ Fleiß und Kunst mich in die Ordnung bracht/
Und ein bequemes Roß voll Mutt aus mir gemacht.
Die Jahre wolten mir zwar das Vermögen brechen;
Sie konten nicht das Hertz/ als wie die Lunge/ schwächen:
Ich schritt und drabte frey: und wenn mich nicht die Macht
Des Todes unverhofft in seine Stricke bracht/
Ich wär ihm noch zulezt aus Stall und Stand gesprungen.
Ist mir der lezte Sprung nun gleich nicht wohl gelungen/
So fehl ich dennoch nicht der Ehren Renne-Bahn;
Die Sonne spannt mich izt an ihren Wagen an/
Weil diese Welt noch Lob wird kühnen Pferden geben/
Wird mein Gedächtnis auch in meinen Enckeln leben/
Wenn Fohlen in die Lufft mit hellem Wyhern schreyn/
So dencket/ daß sie sich ob meiner Ehr erfreun!

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TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Leichen- und Ehren-Gedichte. Schertz-Grabschrifften. Der edle Schecken. Der edle Schecken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D011-8