[Des Monden halb-erstorbnes Licht]

Des Monden halb-erstorbnes Licht
Weist sein erblaßtes Angesicht/
Durch trüber Wolcken finstre Decken.
Der Schatten tunckel brauner Nacht/
Der Aug und Ohren irrend macht/
Umgiebt den Erdenkreiß mit Schrecken.
Du liegst/ mein Freund/ in sanffter Ruh/
Schleust die verliebten Augen zu/
Kanst/ was du wilt/ im Traum umfassen.
Ich muß zu ungewohnter Zeit/
An Leib und Geist voll Müdigkeit/
Das kaum erwarmte Lager lassen.
Ich muß durch alles Ungemach/
Das Wind und Winter ziehen nach/
In unbekandter Gegend reisen/
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Wohin mich durch ein schlimmes Land
Des Welt-Beschreibers kühne Hand
Und theur-gekauffte Führer weisen.
Ich ändre täglich Kost und Heerd/
Vertausche Wohnung/ Bett und Pferd/
Nichts/ und doch alles ist mein eigen/
Nichts ruhet an mir/ als der Mund/
Dem offt den gantzen Tag vergunt
In stiller Einsamkeit zu schweigen.
Wo gehn wir izt mit gleichem Sinn
In zwey ungleiche Strassen hin/
Die ich und du so offt gemessen?
Wo können wir izt unsrer Pein
Und Lust geheime Zeugen seyn/
Zusammen schlaffen/ trincken/ essen?
Wer sieht uns/ wenn der Tag entsteht/
Und Phöbus gegen Westen geht
Um Leydens schöne Stadt spatzieren?
Wer sieht uns in Vertrauligkeit/
Auff nahen Gräntzen steten Streit
Und süssen Krieg zusammen führen?
Ach/ Hertze/ könnt ich bey dir seyn!
Doch weil der Himmel nicht stimmt ein
Mit meinem Wünschen und Verlangen/
So lebe wohl-beglückt/ mein Kind/
Biß mir die Vater-Erde günnt/
Dich mit Vergnügen zu umfangen.
Indessen soll die Ewigkeit
In das Register grauer Zeit
Und an des Himmels Wände schreiben/
Daß dir und deiner Brüderschafft
Biß ihn der blasse Tod wegrafft/
Dein Damon treu und hold wird bleiben.

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TextGrid Repository (2011). Abschatz, Hans Aßmann von. Gedichte. Gedichte. Vermischte Gedichte. [Des Monden halb-erstorbnes Licht]. [Des Monden halb-erstorbnes Licht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D711-C