Masken
(Zu einem Maskenspiele im Kabarett »Fledermaus«)

Die Philosophin:

Immer, o Nachbar, erschaust du doch nur einen tausendsten Teil unseres wirklichen Wesens – –
Könntest du ganz uns schau'n, erkenntest du sicher uns nicht!

Die Wissbegierige:

Ich bitte Sie, was ist denn »Groteske«?!?
Das, was das Leben uns zwingt, aufzugeben von unserer wahren Natur!

Die Kokette;

Mit dem Leben spielen können, ist künstlerisch – –
Es bleiben genug dir Ausruhestunden für deinenkomischen Ernst!

Die Komplizierte:

Ohne die Masken sind wir nur Masken! Zur Einfachheit verzerrt und übertrieben erfaßlich für den gemeinen Verstand!


Die Tänzerin:

Ich bin nur Anmut und Würde! Nie sollte ich fühlen und denken! Es degradiert meine Art! Aber ich muß auch leben – – So bin ich denn privatim eine verständige Frau!


[192] Die Tragödin:

Woran, ach, bei Dichtern erst Frauenherzen zugrund' gehn!?!

SchablonenSchmerzen muß ich verlogen mich weihn!

Meine Tragödien sind zu jeglicher Stunde des Tages und unaufführbar! Und meine Dichter sindnoch nicht geboren!


Die Dichterin:

So lange ich schweigend sinne, bin ich ein wirklicher Dichter!
Wo der Mensch mit seinen Mitteln versagt, beginnt erst die göttliche Seele deutlich zu tönen!

Die Malerin:

In mir wohnt der göttliche Maler, mein Auge!
Widerspiegelnd die Dinge der Welt!
Aber vom Auge zur Hand ist der Weg allzulange – –
Blühende Wiesen verdorren zur Wüste!

Die Weltdame:

Sehet, in mir schluchzt ewig ein malträtiertes Kindchen – –
Aber das Rauschen meiner Seide übertönt es!

[193] Der Chorus:

Seht ihr in uns nur ein wüstes Farbengetändel?!?
Wir können's nicht hindern – –
Ist's mit Geschmack gemacht, lebt es auch ohne Idee!

Josef Hoffmann gewidmet im September 1907 [194]

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TextGrid Repository (2011). Altenberg, Peter. Prosa. Märchen des Lebens. Masken. Masken. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D870-0