Klein-Ella

»Ella, nur keine Dummheiten. Die alte Marie wird dich abholen um sieben Uhr Abends. Kann man es Herrn Peter zumuthen, dich spät Abends aus dem Thiergarten wieder zurückzubringen?! Genug, wenn er dich abholt. Wie kommt er dazu?! Nun also. Nur gescheidt sein. Ich glaube, man hat genug Zeit, sich zu amüsiren.«

»Amüsiren, Mama?!«

»Jawohl. Nun, eine Clavier-Lektion ist es nicht, in den Thiergarten zu gehen mit Herrn Peter zu diesen Wilden. Nur nicht übertrieben sein, verstehst du?! Du weisst, dass ich Alles gerne gestatte, was – – –. Ella – –! Ella – –?! Was ist denn? Du bist wirklich schon eine Hysterische. Nein du bist zu dumm. Mein Engel. No, no, no – – –. Siehst du, war das nothwendig? Ich werde gleich ganz verbieten – – –. Da hast du mein Taschentuch. Du Dumme. Wie alt bist du, sage?! Hm?! Geh', mein Schatzerl, sei doch nicht so.«

»Oh Mama – – –. Kein Amüsement ist es. [317] In ein anderes Leben führt Er mich in diesem Thiergarten. Alles ist wundervoll. Niemand kann wissen, wieso!? »Wie Forellen in ihrem Bache sind wir da unten« hat einmal Herr Peter von uns gesagt, von sich und von mir, Mama.«

»Schon gut, mein Kind. Wenn der Papa aber das Alles wüsste?! In der Nacht wirst du dich wieder herumwälzen. Und in der Früh schlecht aussehen.«

»Oh Mama. Auf dem Wege sagte Herr Peter zu mir: ›Mit Ihnen ist man wie mit sich selbst. Man braucht da Nichts zu lügen.‹ Verstehst du das, Mama?!«

»Nun, was heisst es?!«

»Was es heisst, weiss ich nicht. Ich fühle es!«

»Siehst du, das sind ungesunde Sachen. Nun, ich habe es dir versprochen und halte es. Wasche dich, gleich wird Er anläuten.«

»Mama, ich möchte zu Hause bleiben –.«

»Warum?!«

»Ich möchte so gerne zu Hause bleiben!«

»Nun, siehst du, ganz verdreht bist du schon. Wie Er. Gehe mein Kind, geh' ziehe dich an, wasche dich, nimm die hellgrüne Sammt-Mütze. Rasch, mache dich fertig. Ärgere mich nicht. Jetzt habe ich es auch schon der alten Marie gesagt, dass sie dich um sieben Uhr aus dem Thiergarten abholen soll. Was glaubst du eigentlich?! Einmal hin, einmal her?!«

»Mama, ich möchte zu Hause bleiben –.«

[318] »Mache mich nicht böse, Ella.«

– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Herr Peter läutet unten im Stiegenhause bei dem Haustelegraphen.

Durch das Sprachrohr: »Ella soll gleich herunterkommen.«

»Herr Doktor, Ella ist ein bischen unwohl. Sie kann leider nicht mitkommen in den Thiergarten. Ich danke vielmals für ihre Güte.«

»Oh – –. Kann ich Ella sprechen?! – – – – –. Ella, kommen Sie denn nicht mit in das Feenreich?!«

»Nein, Herr Doktor, ich kann nicht mit in das Feenreich.«

»Adieu.«

»Adieu, Herr Doktor, oh, Herr Doktor –.«

Man hört nichts mehr.

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TextGrid Repository (2011). Altenberg, Peter. Prosa. Wie ich es sehe. Ashantee. Klein-Ella. Klein-Ella. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-D8D8-6