Du und Ich.
An Herrn von ***.

Du gehst auf kriegerischem Pfad,
mit Lorbeern dich zu gürten,
ich aber bin der Lorbeern satt,
und kränze mich mit Myrthen.
Du schweigst? Dein Damascenerschwert
raubt Tausenden das Leben,
ich aber sitz' am warmen Heerd
und trinke Saft der Reben.
Du eilst auf wilder Feinde Schwarm,
sie siegreich zu bekriegen,
ich flieg' in holder Nymphen Arm,
mit Cypripor zu siegen.
Du welkst in deiner Jugend ab,
ich werde stets gesünder,
tagtäglich mäh'st du Menschen ab,
und ich mach' täglich Kinder.
[98]
Nun mußt du selbst gesteh'n, daß wir
uns eben nicht sehr gleichen,
doch ohne Gleichheit nenn' ich dir:
wie lieben beide Leichen.
Du Leichen, die den Schwert gemacht
und zu dem Orkus schickte,
ich Leichen, wann ich in der Nacht
den Jungfernkranz zerpflückte.

Ung[enannt].

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Anonym. Gedichte. Nuditäten oder Fantasien auf der Venusgeige. Du und Ich. Du und Ich. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DE5D-0