Das Geständniß

Ja, Freund, mein Herz läßt sich zu leicht entflammen!
Du klagst mich an, ich selbst muß mich verdammen,
Beschönung wär' hier nicht recht am Ort,
Ich weiß, ich fehl', und dennoch fehl' ich fort.
Gleich einem Schiff, wenn wilde Stürme wüthen,
Irr' ich umher, und kann mir nicht gebieten.
Es reizet mich nicht ein Gesicht allein,
Von Hunderten nimmt mich ein jedes ein.
Wenn eine keusch nur auf den Boden blicket,
So ist es Scham, was mich an ihr entzücket.
Wenn eine frei liebäugelt, tändelt, lacht,
So denk' ich: ha! du bist zur Lust gemacht!
[62]
Die ist gelehrt, wer schätzt nicht große Geister?
Die ist es nicht, ich würde gern ihr Meister.
Bei der, die schmollt und immer spröde tut,
Lächl' ich und denk': o sie verstellt sich gut!
Will jene nichts von meinen Versen hören,
So möcht' ich ihr in Prosa Liebe schwören;
Doch preiset sie mein muntres Saitenspiel,
O so gefällt mir sie, der ich gefiel.
Die macht mein Herz durch Sanftmut ganz sich eigen.
Die ist voll Stolz, süß wär' es, ihn zu beugen.
Die singt ein Lied zu der Theorbe Klang,
Ich küßte gern die Lippen voll Gesang.
Die spielt Klavier, schnell wird mein Herz entzündet,
Kunstreicher Arm, ruf' ich, und schön geründet!
Die schwebet leicht im Reihentanz daher,
Ich taumle nach und kenne mich nicht mehr;
Wie sollt' ich auch auf Bällen mich bewahren?
Schmilzt hier doch oft das Eis von sechzig Jahren;
Das Sprichwort, daß, was klein ist, artig sei,
Das fällt mir, seh' ich kleine Schöne, bei.
[63]
Den großen kommt Andromache zu statten,
An Größ' und Geist nicht ungleich ihrem Gatten.
Ich finde schön die von der hohlen Hand
Deckbare Brust, wie sie der Grieche fand;
Großbusige darf das doch nicht verdrießen;
Oft wünscht mein Haupt sich zwei so sanfte Kissen.
Die Junge lockt mich durch Naivität,
Die Reifere, weil sie den Spaß versteht;
Wo blondes Haar um Lilienschultern spielet,
Dort fühl' ich das, was Cephalus gefühlet.
Schwarzhaarige seh' ich für Leden an,
Und, unter uns, wär' allzu gern ihr Schwan!
Weh mir, der schon durch tausendfache Ketten
Gefesselt ist und nimmer mehr zu retten!
Weil, wie man mir ein artig Mädchen nennt,
Sogleich in sie mein Herz entbrennt.

[Johann Baptist] von Alxinger. [64]

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TextGrid Repository (2011). Anonym. Gedichte. Nuditäten oder Fantasien auf der Venusgeige. Das Geständniß. Das Geständniß. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0001-DE8B-A