1.
Willkommen, heilige Strahlampel des Himmels,
Die du emporziehst über der Berge erglitzernden Saum,
Sei mir gegrüßt! Nun gießest du nieder
In die Wiege der dir zujauchzenden Thäler
Deines Lichtes allmächtige Vollfluth.
Nun umlächelst du, trauteste Mutter
All deine Kinder auf der Erde tiefgründiger Breitung,
Alljedes Buschwerk, jeglichen Baum,
Der sehnsuchtsheiß dir seine Gezweige emporstreckt;
Und aus des Kelches kunstreichem Pokale
Lockst du die prangende Blüthe hervor
Und mit der Früchte gesegneter Schenkung
Krönst du der Blüthe farbige Pracht. –
Aber doch lieber und vielmalig schöner
Scheint mir die Sonne, die jetzo mir in der Seele erwacht!
Endlich, endlich steiget sie hoch
Und zersetzt mit siegessichrer Gewalt
Das hartnäckig sich sträubende, finster sich bäumende,
Dunkelheitsnächtige Wettergewölk,
Das auch in mir so lange gehauset,
Auch meine Seele mit taglichtscheuem Gespinnst umsponnen.
Denn gänzlich nun hab' ich den Rücken gekehret
Dem nachtumschatteten Gießbach des Lebens
Und fernab den niedrig gischtenden Wogen,
Mit denen auch ich ehedem bin getrieben,
[211]Haus' ich hier oben auf goldigem Bergdach,
Ein einsamer Siedler, Zwiesprach nur haltend mit mir allein
Und dem pfeilergetragenen, moospelzumflossenen Felsdom.
In das härne Gewand Erkenntniß und Wahrheit suchenden Sehnens
Ist nun endlich gehüllt meine irdischem Flitter abgewendete Seele.
Ja wahrlich! Gänzlich habe ich nun entsaget dem sinnebethörenden,
Nimmer doch wahres Genüge erschaffenden Hasten und Gehren;
Und also zerthauen die eisharten Krusten,
Die mich umstarrt mit ertödtender Kälte,
Namenlosen Jubels schwell' ich empor in die strömenden Lüfte,
Wachse hinauf in des Aethers allweite Zonen.
Losgestreift aus den stumpfumzirkenden Engen ichsüchtiger Selbstheit,
Fühle ich mich, in seligster Wonne erschauernd,
Zusammengegossen mit dem Alles im Schooße des Weltglücks
Umfassenden Wesen der Allheit!