[12] Seh' ich dein Aug' in Starrheit süß verloren ...

Seh' ich dein Aug' in Starrheit süß verloren,
Dem sonst so sonniges Leben hold entsprüht,
Dünkt mir, Anna: du seist nicht erdgeboren,
Daß fremder Welten Zauber dich umblüht.
Seh' ich dann Thränen deine Wangen feuchten,
Schimmern in zarter Wimper Perlen gleich,
Erschließt mir deiner Züge Wetterleuchten,
Wie thaufrisch deine Seele und wie reich!
Ich weiß: du möchtest gern ein Herz beglücken,
So schön, so lieb, wie nimmer es geschieht.
Ich weiß: du möchtest es der Welt entrücken,
Daß also keusch und rein es auch erglüht:
Wie all' die Träume, die dich lind umweben,
Wie all' die Lust, die jauchzend aus dir bricht,
Wie all' die Strahlen, die dich leis' umschweben,
Du schöne Himmelsseele hehr und licht.

Notes
Erstdruck in: Gedichte 1883, S. 66.
License
Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).
Link to license

Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2011). Arent, Wilhelm (Hg.). Seh' ich dein Aug' in Starrheit süß verloren .... Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0120-4