[203] Trost der Seele

1819.


Liebe Seele,
Traure nicht so sehr,
Wer ist ohne Fehle?
Ohne Kummer wer?
Was auf Erden
Trägt das Leinenkleid,
Muß ja sündig werden
Viel in Leid und Streit.
Gottes Liebe
Macht von Sünden rein;
Ist dir bang und trübe,
Bringt sie hellen Schein.
Gott hilft gerne
Dem, der ihm vertraut,
Der das Haus der Sterne
Über uns gebaut.
Der das Sehnen
Nach dem Himmel gab,
Trocknet alle Tränen
Bleichen Wangen ab.
Will versinken
Dir das Herz in Leid,
Sieh die Sterne blinken
Ew'ger Herrlichkeit.
Sieh dem Spiele
Ihres Reigens zu,
Und mit Wonne fühle:
Ewig bist auch du.
Nicht vermodern
Mag ein Himmelskeim;
Wo die Sonnen lodern,
Ist des Menschen Heim.
[204]
Dort von oben
Sank er einst herab:
Wo aus Licht gewoben,
Das begräbt kein Grab.
Darum mutig,
Liebe Seele, sei!
Ist der Kampf gleich blutig,
Ringe frisch und treu!
Wandle fröhlich
Auch durch dunkles Leid:
Droben bist du selig
Durch die Ewigkeit;
Sünd' und Kummer
Ahnest du dort kaum,
Wie im Morgenschlummer
Einen leichten Traum.

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TextGrid Repository (2011). Arndt, Ernst Moritz. Gedichte. Gedichte. Trost der Seele. Trost der Seele. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-0600-6