Der Pilger und die fromme Dame
Fliegendes Blat.
Es reist ein Pilgersmann nach Morgenland hinaus,
Er kam vor eines Edelmannes Haus,
Kam vor sein Haus, vor seine Thür,
Trat eine schöne Dam herfür.
Er sprach sie an um eine gute Gab,
Was eine solche Dam vermag:
»Ich kann dir halt nichts geben,
In mein Schlafkämmerlein laß ich dich legen.«
Der Pilgersmann war von Herzen froh,
Sein Mantel er sogleich auszog,
Sie schlafen bey einander die liebe lange Nacht,
Bis daß das Hämmerlein sechs Uhr schlägt,
»Ey Bettelmann steh auf, es ist schon Zeit,
Die Vögelein singen auf grüner Heid.«
[382]»Ey laß sie betteln und pfeifen oder nicht,
Von meiner Allerliebsten scheid ich nicht.«
Und als der Pilgersmann zum Hof raus kam,
Der Edelmann vom Jagen zurücke kam:
»Ich wünsche euch das ewige Leben,
Die Fraue hat mir schon Gab gegeben.«
»Ey Frau, was hast du denn dem Bettelmann gegeben,
Daß er mir wünscht das ewge Leben?«
»Ich hab ihm nichts gegeben als dies oder das,
So viel mein zarter Leib vermag.«
»Ey Frau, laß den Bettelmann fein nimmer in dein Haus,
Lang ihm seine Gabe zum Fenster hinaus,
Binds ihm an eine lange Stange an,
Daß er zu dir nicht langen kann.«
»Ey Mann, er bringt ja Segen in dein Haus,
Es geht der fromme Mann ins Morgenland hinaus.«
»Und zieht er hin, so laß ihn gehn,
Er möchte sonst gar stille stehn.«