Der Thron

Der Krieger baut sich seinen Thron
Aus jedem frischen Holz,
Da meinet er sich Gottes Sohn
Und dehnet sich so stolz,
Und baumelt mit den Beinen dann
Und knackt mit jedem Glied,
Die Welt erzittert vor dem Mann,
Wenn sie die Unart sieht.
So in der dunklen Kammer sitzt
Des Kriegers Poltergeist,
Der wie ein Thron zur Sonne blitzt,
Sein Schwert heraus schon reißt;
Was scheinst du Sonne auch so stark,
Siehst so geschwind und weit,
Wo sich der gute Fürst noch barg,
Verräth ihn Menschenfreud.
Der Krieger haut in seinen Thron,
Die Splittern fliegen dicht,
Holt siegend gleich den andern schon,
Eh' noch der alte bricht;
[164]
Der Krieger holt ihn gleich zum Hohn,
Den Fürsten stößt hinab,
In dunkler Kammer wird der Thron
So dunkel wie das Grab.
Seht das geschah am grünen Holz.
Wie wird's am dürren sein,
Der alte Krieger wird so stolz,
Meint alles endlich sein;
Vorletzt er nahm den ältesten Thron
Aus Eisen fest erbaut,
Nach ewig ferner Nordlichtskron
Er nun mit Sehnsucht schaut.
Er haut auf seinen Eisenthron,
Als wär's des Feindes Rest,
Da springt sein Schwert in Funkenton,
Die Kraft ihn da verläßt,
Gestählt war ihm sein Herz so hart,
Nun wird es menschlich weich,
Es bieget sich nach Menschenart,
Und fühlt mit andern gleich.
Wie einer, der erwacht aus Wuth,
Er sieht mit Schrecken nun,
Er sog aus sich fast alles Blut
Und meint's dem Feind zu thun;
Muß seine Bahn so klein nun sehn,
Nur andre zog er groß,
Die es verschmähten hoch zu stehn,
Weil sie schon übergroß.
Noch keiner weiß, wo er da blieb,
Bis keiner an ihn glaubt,
Das grüne Holz ist allen lieb
Und ist so frisch belaubt:
[165]
Die Schwerter bindet, baut den Thron
Aus Eisen, nicht aus Holz,
So spricht euch nie ein Fremdling Hohn,
Verwirft sich auch nicht stolz.
Doch in der Hand, mein Fürstensohn,
Halt nicht das scharfe Schwert,
Halt einen grünen Zweig zum Lohn,
Und pflanz' ihn in die Erd,
Wenn sich nicht lobenswerthe That
Ereigne nimmer nie,
Damit, wenn du einst alt und matt,
Ein Wald dich froh umzieh.
Daß dich ein Wald mit Lust umblüh,
Wie's blaue Firmament,
Aus allen Landen Jene zieh,
Die man wie Sterne nennt;
So sammle rings, was tugendlich,
So ist die Welt dein Reich,
Und diesem Rath ergebe dich,
Die Tugend macht uns gleich.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Ausgewählte Gedichte. Lieder aus einem ungeschriebenen Romane. Der Thron. Der Thron. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-09A8-5