Schnelle Entwickelung
Nach dem Jenaer Codex.
Ein junger Mann nahm sich ein Weib,
Holdselig und gar fein von Leib.
Dem Weib er übersah gar viel,
Schwieg ihr in allen Dingen still.
Also gewinnt das Weib den Mann,
Daß er nicht mehr zu Wein gehn kann.
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Muß der Gesellen auch ablassen,
Darf nur mit ihr allein noch spassen.
Doch einsmal seht, da gieng er aus,
Kam ohngefähr vors Schenkwirthshaus.
Gesellen sein darinnen sassen,
Recht fröhlich tranken, sangen, assen.
Sie thäten ihm gar balde winken,
Der ein stand auf, bot ihm zu trinken.
Er schüttelte den Kopf und lachte,
Die Leute grosse Augen machten.
Der ein führt ihn hinein geschwind,
Er sizt bei ihnen wie ein Kind.
Es war sein Herz ihm noch so schwer,
Hub an zu seufzen gar zu sehr.
Wie er ans Heimweh nur gedacht,
Der Frau Gesundheit ward gebracht.
Er tranks hinein, er trank es aus,
Und dachte gar nicht mehr nach Haus.
Sein Glas, das rückt er immer vor,
Und war der lauteste im Chor.
Doch die Gesellen giengen eben,
Zwei mußten ihn nach Hause heben.
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Recht mit Gewalt sie mußten schleppen,
Er stürzt hinauf die schmalen Treppen.
Das Weib mit Angst kam angegangen,
Ein Unglück meint sie, wär ergangen.
Sie hat die ganze Nacht gewacht,
Und im Gebet an ihn gedacht.
Da ist er hart sie angegangen,
Mit Schlägen hat er sie empfangen.
Was ist für Lehr daraus geflossen,
Nicht jede Eh ist im Himmel geschlossen.