Des König Ladislaus Ermordung im Jahre 1457

Senkenberg Selecta Juris. Tom. V.


Von einem König lobesan,
König Lasla ist sein Nahme,
Ein König aus Oesterreiche,
Ja spricht man in der Christenheit,
Man findt nicht seines Gleiche.
[116]
Er war in seinen jungen Tagen, (17 Jahr)
Die Ungarn hiessen ihn einen deutschen Knaben,
Das haben wir wohl vernommen,
Daß er zu Ofen ist ausgeritten,
Zu Prag ist er umkommen.
Er schickte aus nach weiblicher Ehr,
Und wollt erwerben Freundschaft mehr,
Gar fein in Frankenreiche,
Nach einer Jungfrau säuberlich,
Man findt nicht ihres Gleiche.
Der König in Frankreich einen Brief aussandt,
Der kam König Lasla in seine Hand,
Wie er ihn lesen sollte;
Und wie ihm der König in Frankreich,
Seine Tochter geben wollte.
Er schrieb: König Lasla du lieber Sohn,
Du weißt wohl, was du solltest thun,
Die Ketzer sollt du vertreiben,
Und so wird dir Ehr und Lob gesagt,
Wo du im Land sollt bleiben.
König Lasla des Briefes aufm Tisch vergaß,
Zur Hand ihm ein falscher Ketzer saß,
Er erschrack der Mähre gar sehre;
Wie bald er zu dem Rockenzahn lief,
Verkündigt ihm die Mähre.
Und da der Rockenzahn die Mähr erhört,
Er ruft den Ketzer an einen Ort,
Er begunnt ihm diese Red zu melden,
[117]
Da huben die falschen Ketzer an,
König Lasla zu schelten.
Sie schelten ihn aus ihres Herzensgrund:
Wie deucht euch um den deutschen Hund,
Sollt er uns hier vertreiben?
Wir wollen ihm nehmen sein junges Leben,
Er mag uns nicht entweichen.
Und da der Rath nun war verbracht,
Den sie über König Lasla hatten gemacht,
Wie sie ihn tödten wollten,
Sie hatten alle zusammen geschworn,
Wie sie einander helfen wollten.
Sie gewinnen die Riegel und auch die Thür,
Unter einer Decke zogen sie ihn herfür,
König Lasla den viel werthen;
Der erste der nahm ihn beim Haar
Und warf ihn auf die Erden.
Er fiel wol nieder auf seine Knie:
»Gnad mir edler Herr allhie,
Gnad mir meines Lebens;
Und alles was ich hie gewann,
Das will ich hie aufgeben.«
Er sah sie alle barmherzig an:
»Nun hab ich irgend ein treuen Mann,
Der mir sein Hülf hier thäte?
Sind mir denn alle treulos worden,
Mein allerbesten Räthe?
[118]
Girsig, lieber Vater mein,
Nur laß mich bei dem Leben sein,
Ich will dirs immer gedenken,
Mein Schweidnitz soll dein eigen seyn,
Und Breslau will ich dir schenken.«
»Schweig König Lasla! es mag nicht sein,
Dein Schweidnitz ist vorhin schon mein,
Breslau will ich gewinnen;
Hilft mir das ganze Böhmerland,
Ein König bin ich drinnen.«
»Nun! schneid mir ein graue Kutten an,
Ich will in ein Kloster gahn,
Zu meines Vaters Ruhe;
Es bleib ein König wer da will,
Immer und ewigliche.«
Sein guter Rath half ihm nicht sehr,
Sie hatten vergessen Treu und Ehr,
Die Herrn aus Böhmerlande,
Daß sie König Lasla getödtet han,
Das haben sie große Schande.
Auf die Erde haben sie ihn hingestreckt,
Mit einem Kissen haben sie ihn ersteckt,
Sein Genick haben sie ihm gebrochen.
Wer wollt nicht Gott vom Himmel klagen,
Er läßt nichts ungerochen.
Und da er nun gestorben war,
Es glühet als ein Rosen gar,
[119]
Wol unter seinen Augen,
Da ihm das Blut von Wangen abrann,
Dran hatten sie keinen Glauben.
Es war bis an den dritten Tag,
Daß er da unbegraben lag,
Man ließ ihn niemand schauen,
Und da man ihn zu Grabe trug,
Da weinten Mann und Frauen.
Da sprach ein Ketzer unter ihnen:
»Nun hebt ihn auf und tragt ihn hin,
Den König aus deutschen Landen,
Sollt er uns hie vertrieben han,
Das wär uns eine große Schande.«
Und da sprach er: »Sieh Girsig,
Der König in Böhmen bin ich,
König Lasla ist gestorben,
Um seines falschen Glaubens willen,
Darum ist er verdorben.«
Da sprach er, der Rockenzahn:
»Eine neue Sitte nehm ich an,
Oestreich will ich zerstören;
Denn ihren Glauben weiß ich wohl,
Ihr Herzog will ich werden.«
Der Girsig der ist hochgeborn,
Recht als ein Sau ist er beschoren,
Wer ist der ihm wohl gleiche,
Mit Rauben, mit Stehlen, mit Bannerey,
Damit er worden reiche.
[120]
König Lasla war ein junger Mann,
Er wollt den Girsig bei sich han,
Er hat ihn auserkohren;
Ja ich sprechs auf die Treue mein,
Er ist ihm treulos worden.
König Lasla du viel edles Blut,
Gott erhalte dich in seiner Hut,
Mit seinem lieben Kinde,
Daß du also verschieden bist,
Mit deinem Hofgesinde.

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TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Des König Ladislaus Ermordung im Jahre 1457. Des König Ladislaus Ermordung im Jahre 1457. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-09F4-C