Evoe

(1500-1550.)


Freut euch ihr lieben Knaben!
Der Herbst erzeigt sich wohl,
Die lang getrauert haben,
Heut wollen wir werden voll.
Wir haben vormals den sauren Wein
Gar theuer genommen an,
Das wollen wir heute bringen ein,
Der süße Most, der neue Wein,
Wird uns gar gern eingahn.
[429]
Was wir versäumet haben,
Das machen wir nun gleich,
Mit Wein wollen wir uns laben
Hier und in Oesterreich,
In einer neuen Krausen
Wollen wir ihn nehmen an,
Ob ihm soll uns nit grausen,
Bis uns der Kopf thut sausen,
Nit eh gehn wir davon.
In einem Keller tiefe,
Wollen wir uns senken ein;
Darnach dem Wirthsknecht rufen:
Trag her ein kühlen Wein!
Von dir wollen wir nit weichen,
Bis daß wir werden voll,
Laß uns nur Wein herreichen,
Gesellen, ich will euch zeigen,
Der Wein thut was er soll.
Wirthsknecht, nun merk uns eben,
Was unser Meinung sey,
Kein Pfenning wir dir geben,
Du bringst uns dann herbey
Ein guten feisten Braten,
Den wollen wir gern haben,
Wir mögen sein nicht gerathen,
Eine gute Henne gesotten,
Die fügt wohl solchen Knaben.
Ein Bergwerk haben wir funden
Das macht uns heut noch reich,
Das bringt uns Freud und Wonne,
[430]
Zu Wien in Oesterreich,
Da finden wir aufgeschlagen
Gar manche Grube fein,
Da füllen wir unsern Kragen,
Den Bauch und auch den Magen
Wohl bei dem Osterwein.
Wohl auf ihr lieben Gesellen,
Wohl in das Bergwerk ein,
Die alle Morgen wöllen
Trinken gut Wermuthwein,
Das sind die rechten Gesellen,
Die in das Bergwerk fahrn,
Es sind die rechten Knappen,
Sie sitzen in einer Kappen,
Gott woll sie all bewahrn.
Den Herren allen gleiche,
Wünsch ich viel Glück und Heil,
Die heut von Oesterreiche
Bringen ein rechtes Theil
Des Erzes aus der Grube,
Die Noe funden hat,
Sie erfreut gar manchen Buben,
Um Sorg gäb er kein Ruben,
Sein Herz in Freuden staht.
Wir haben uns vermessen,
Gut Gesellen allgemein,
Wir sollen nit vergessen
Der Fuhrleut groß und klein,
Die in das Elsas fahren,
Und bringen rheinschen Wein,
[431]
Ihr Lob wolln wir nit sparen,
Gott woll sie all bewahren,
Maria die Königein.
Dazu die Franken alle,
Die bauen guten Wein,
Gott grüß sie mit reichem Schalle,
Ihr Lob das ist nit klein,
Dazu die Fuhrleut gute,
All die gen Frankfurt fahrn,
Gott habs in seiner Hute,
Maria die viel gute
Woll sie allzeit bewahrn.
Im Wirthshaus ist gut leben,
Wenn kömmt der heurig Wein,
Da wollen wir dann streben,
Und wollen fröhlich sein,
Bratwürst, jung Schwein und Hahnen
Soll man uns tragen her,
Und andre Gericht und Nahmen
So kommen wir zusammen
All voll und selten leer.
Reich' Würfel her und Karten,
Ein Bretspiel wolln wir han,
So mögen wir erwarten,
Den nüchtern Morgenhahn,
Dann wollen wir noch haben
Ein guten Salvewein,
Damit wir uns erlaben,
Gott behüt die frommen Knaben,
Die stets voll wollen seyn.
[432]

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2011). Arnim, Ludwig Achim von. Gedichte. Des Knaben Wunderhorn. Band 2. Evoe. Evoe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-123E-E