87. Stole schützt vor dem höllischen Feuer.

Von der Abtei Schwarzach kaufte kurz vor ihrer Aufbehebung ein dortiger Bauer ein Stück Feld und Wald, versäumte aber, sich für die Zahlung einen Schein geben zu lassen. Nach einigen Jahren forderte die Herrschaft, welcher das Kloster zugefallen, von ihm den Kaufschilling, [59] und da er dessen Entrichtung nicht beweisen konnte, ward er verurtheilt, ihn nochmals zu erlegen.

Als er, voll Verdruß über diesen Spruch, von Rheinbischofsheim zurückging, begegnete er im Wald einem Jäger, von dem er um die Ursache seines Unmuths befragt wurde. Auf die Antwort: er könne ihm doch nicht helfen, erwiderte derselbe, daß er wohl es vermöge, und erfuhr dann die ganze Sache. »Du sollst einen Schein für die Zahlung bekommen, wenn du thust, was ich von dir verlange,« sprach der Jäger, und darauf der Andere: »Ja, sofern es mir an Leib und Seele keinen Schaden bringt.« Ungesäumt nahm nun der Jäger den Mann auf die Schultern und trug ihn windschnell zu einem großen Schlosse, wo er ihn absetzte und zu ihm sagte: »Geh' hinein! hinter der dritten Thüre wirst du den Mönch finden, mit dem du den Kauf abgeschlossen hast; begehre von ihm den Schein, und wenn du ihn empfangen, so ziehe den Dreien, welche an dem Tische sitzen, die Stolen ab und lege sie auf diesen; alsdann mache dich fort, aber unterstehe dich nicht, einen Blick zurück zu thun!« Ohne Bedenken ging der Bauer in das Schloß und fand in dem bezeichneten Gemach den verstorbenen Mönch, welcher mit zwei abgeschiedenen Geistlichen seiner Bekanntschaft an einem Tische Karten spielte. Auf die Bitte des Mannes um den Schein pfiff er Einen herbei, von dem er sich Schreibzeug bringen ließ, schrieb den Schein und gab ihn dem Bauer. Nach diesem nahm letzterer den drei Geistlichen die Stolen ab, legte sie auf den Tisch und ging hinweg. Unter der Thüre schaute er um und sah, daß an den Geistlichen hohe Flammen emporschlugen. Als er draußen zu dem Jäger kam, sprach derselbe: »Du hast umgeschaut und deßhalb verdient, daß [60] ich dich etliche Tage da in der Hölle ließe; weil du aber sonst deine Sache recht gemacht, will ich dir die Strafe schenken!« Hierauf nahm er ihn wieder auf die Achseln und trug ihn windschnell an die Stelle zurück, wo er ihn früher aufgeladen. Den Schein zeigte der Mann beim Amte Rheinbischofsheim vor und wurde nunmehr von der nochmaligen Zahlung freigesprochen.

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TextGrid Repository (2011). Baader, Bernhard. Sagen. Neugesammelte Volkssagen aus dem Lande Baden. 87. Stole schützt vor dem höllischen Feuer. 87. Stole schützt vor dem höllischen Feuer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-165F-6