334. Spukerei im Schloß und Schloßgarten zu Mannheim.
In den Schloßgängen geht nachts eine gespenstige Hoffrau in weißem Seidenkleid mit schwarzen Blumen um; sie hat Stöckleinschuhe an, und hinter ihr her läuft ein Bologneserhündchen. Um sich vor ihr zu schützen, kehrten ehedem die Schildwachen, wenn sie bei ihnen vorüberrauschte, die Gewehre um, daß die geweihten Kolben oben waren. Einem Soldaten, welcher es nicht that, gab sie eine tüchtige Ohrfeige.
An der Uhr spukt ein schwarzer Hund, und unten bei den Kassezimmern ein großes Kalb. Weiterhin auf dem rechten Flügel, unter dem Thorbogen neben dem Brunnen, zeigen sich, alle sieben Jahre in der gleichen [305] Nacht, sieben übereinanderliegende Maltersäcke, die mit Abdrücken der sieben Bücher Moses angefüllt sind. Um elf Uhr kommen sie zum Vorschein, und um zwölf verschwinden sie. Obschon manche Leute die Säcke und Bücher gesehen haben, hat doch noch niemand gewagt, etwas davon mitzunehmen.
An dem Haupteingang des linken Schloßflügels, so wie gegenüber an dem Thore des, am andern Stadtende befindlichen, Kirchhofs der Katholiken, brennt in den heiligen Nächten eine helle Flamme. Wer aber an dem einen oder dem andern Thore steht, sieht nicht das dortige, sondern nur das entgegengesetzte Feuer.
In dem Schloßgarten, welcher an den Rhein gränzt, ist in der Abenddämmerung schon der Rheingeist als grauer Mann erschienen. Auch läßt daselbst das durchdringende Wimmern eines unsichtbaren Gespenstes halbe Nächte sich hören.