[28] Der Balkon.
Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben,
O du, all meine Lust, o du, all meine Pflicht!
Ist dir Gedenken an der Küsse Glück geblieben.
An Wärme des Kamins, an gütig Abendlicht?
Quell der Erinnerung, du Liebste aller Lieben!
Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut,
Die Dämmrung vom Balkon in rosger Lüfte Wehen –
Wie war dein Busen süß, wie war dein Herz mir gut!
Wir sagten Dinge uns, die nimmermehr vergehen,
Die Abende erhellt von sanfter Kohlenglut.
Wie sind die Sonnen schön im warmen Abendblauen,
Wie mächtig ist das Herz, wie weit und tief die Luft!
Ich neigte mich zu dir, o Königin der Frauen,
Mir war, als atmete ich deines Blutes Duft.
Wie sind die Sonnen schön im warmen Abendblauen!
Die Nacht war um uns her, wie stiller Zelle Raum,
Durchs Dunkel riet mein Blick noch deiner Augen Süße,
Und deinen Hauch trank ich – o Gift, o selger Traum!
In brüderlicher Hand entschliefen deine Füße.
Die Nacht war um uns her, wie stiller Zelle Raum.
[29]
Neu wecken kann ich mir der holden Zeit Gebilde,
Mein einstig Leben, das in deinem Schoß versenkt.
Wo sucht' ich anders wohl solch müder Schönheit Milde,
Die nicht dein lieber Leib, dein gütig Herz geschenkt?
Neu wecken kann ich mir der holden Zeit Gebilde!
Die Schwüre, dieser Duft, die Küsse ohne Zahl,
Erstehn aus Schlünden sie, die unsrem Suchen wehren.
Wie Sonnen aufwärts fliehn mit siegverjüngtem Strahl,
Wann sich ihr Schimmer wusch im Grund von tiefen Meeren?
O Schwüre, Düfte ihr! O Küsse ohne Zahl!