194. Der Dom zu Schleswig

Die Domkirche zu Schleswig war vorzeiten die schönste und prächtigste im ganzen Lande, aber durch Kriegszeiten geriet sie im Verfall, und als sie in Feindes Händen war, ward gar übel in ihr gehaust. Das Kriegsvolk lagerte in ihr, soff, spielte und fluchte. Bei einem Kartenspiele war einem wüsten Gesellen das Glück abhold, da verschwur er sich mit lästerlichen Flüchen und schrie: Ei so will ich dem alten Gott die Augen ausstechen! und warf sein Schwert hoch hinauf gegen das Domgewölbe. Und siehe – es [152] fiel nicht wieder herab, sondern blieb droben am Gewölbe im Gemäuer fest stecken. Als die Feinde ihren Abzug genommen, wurde das Schwert entfernt, aber wenn man drunter stand, sahe man immer noch, wie man zuvor gesehen, des Schwertes Schatten, und der war nicht wieder auszutilgen.

In derselben Kirche stand auch ein hölzern Bildnis des Erlösers, Christus unter dem Kreuze sitzend. Ein Trunkener stolperte mit einem Beil daher und hieb im frechen Übermut dem Bilde die große Zehe des linken Fußes ab. Da schmerzte ihn gar plötzlich sein eigner linker Fuß, und wie er nach Hause kam, hatte er den Stiefel voll Blut, und seine eigene Zehe war abgehauen.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 194. Der Dom zu Schleswig. 194. Der Dom zu Schleswig. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-28F1-3