861. Wolffindis

Im Landgerichte Dingolfing nahe beim Markte Reisbach steht eine kleine Kirche, die ist einer heiligen Jungfrau geweiht, welche eine Martyrerin ihrer Frömmigkeit und Keuschheit wurde. Wolffindis, so war ihr Name, war eines Gaugrafen Tochter, der auf dem Schlosse Warth saß, und neigete ihr Herz dem Christentume zu, da ihr Vater noch ein blinder Heide war. Darüber ergrimmte dieser Vater also sehr, daß er die Tochter an die Schweife wilder Ochsen binden und diese von dannen peitschen ließ. Dort bei Reisbach blieben die Ochsen stehen, und an jener Stelle, wo die Unschuldige verblutete, sprudelte eine Heilquelle hervor. Andere sagen, es habe ein fremder Krieger sich in die fromme Wolffindis also vergafft, daß [561] er ihrer, da sie ihm nicht im guten sich zu eigen geben wollen, mit Gewalt begehrt, und weil er, obschon er ihrer sich bemächtigt, doch nichts erlangen können, habe er sie an seines Rosses Schweif gebunden und sie selbst auf so grausame Weise zu Tode geschleift. Nahe dem Markte Reisbach endete die fromme Wolffindis, und der Wunderquell entsprang.

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TextGrid Repository (2011). Bechstein, Ludwig. Sagen. Deutsches Sagenbuch. 861. Wolffindis. 861. Wolffindis. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-2E07-5