1.
Der Morgen graut in jener fernen Zone,
Wo sich um Palmen die Liane schlingt,
Wo in dem Schatten grünender Bananen
Am klaren Quell das schlanke Lama trinkt;
Und aus des reichen Pflanzers offner Pforte
Zieht Paar um Paar der Schwarzen Schaar heraus,
Zu bringen heut' des Hanfes reiche Ernte
Dem weißen Manne in sein stattlich Haus.
Die letzt' im Zug, mit trüb gesenktem Auge,
Geht langsam eine junge Negerin,
Zum ersten Mal thut heut' sie Sclavendienste
Und blicket weinend auf die Halme hin:
»Wie euch, ihr Pflanzen, von der warmen Erde,
Der ihr entsprießt, jetzt löset meine Hand,
So riß man grausam unter tausend Thränen
Mich los von dem geliebten Vaterland!«
Am Mittag sitzt sie in der kühlen Halle,
Die Klag' auf's Neu' von ihren Lippen bebt,
Indess' sie aus des Hanfes zähen Fasern
Ein rauh' Geflecht mit fleiß'gem Finger webt:
[91]»Sonst saß ich froh im Kreise der Gespielen,
Zu dienen, ach! ist jetzt mein traurig Loos,
Nicht mehr geachtet von den weißen Menschen,
Als dieses roh' Gespinnst in meinem Schooß.
Die Früchte, die dem fremden Land sie rauben,
Sie drin versenden in ihr heimisch Reich,
Wie ich hierher von ferner Meeresküste
Geschleppt bin, einer nied'ren Waare gleich!
O, dieses Tuch, dürft' es die Thränen künden,
Die hier ich wein' um mein verlor'nes Glück« –
Die Glocke tönt – der Hüter holt von dannen
Des schwarzen Mädchens erstes Sclavenstück!