84. Kleinere Sagen.

1. Warum die Kreuzschnabel kreuzförmige Schnäbel haben.

Als unser Herr Christus am Kreuze litt und starb, da trauerte die ganze Natur und die empörten Elemente vereinten sich zu mannichfachen Wunderzeichen. Auch zwei Vögelein flogen bei dem Kreuze vorbei, an welchem der Erlöser hing, sie sahen die Nägel durch die Hände geschlagen und flogen hinzu, um den Gottgesendeten zu befreien von seinen Leiden. Ein jeglicher setzte sich auf die eine Seite des Kreuzes und bemühte sich mit seinem Schnäbelein den Nagel herauszuziehen, der die theuern Hände an das Kreuz heftete, aber ihre Kräfte waren zu schwach, die Schnäbel bogen sich, [395] dem einen rechts hin über, dem andern links hin, je nachdem sie gesessen hatten, und betrübt flogen sie weiter. Aber Gott gab ihnen ein ewiges Zeichen ihrer frommen Bemühung, das ganze Geschlecht erhielt solche Schnäbel und noch finden wir den obern Schnabel bald rechts, bald links hingebogen.

2. Es fliegt ein Engel durch's Zimmer.

In jeder Gesellschaft, selbst der fröhlichsten, entstehen bisweilen allgemeine Pausen, in denen auch nicht einer redet. Zu einer solchen Zeit, spricht die Sage, fliegt ein Engel durch's Zimmer und die Menschen verehren ihn unbewußt, schweigend.

3. Die Sage vom Rothkehlchen.

Rothkehlchen kann keinen todten Menschen sehen. Liegt ein Erschlagener im Walde, so fliegt es hinzu und legt ein Zweiglein oder einige Blätter auf sein Gesicht, um ihn so etwas zu verhüllen.


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TextGrid Repository (2012). Büsching, Johann Gustav. 84. Kleinere Sagen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-49E9-2