[295] [11] Die zehende Satyre
Von dem wahren Adel
Ubersetzung der fünfften des Boileau. 1
[301] Satyre V.
Du Sr. Boileau Despreaux, a Mr. le Marquis de Dangeau.
Fußnoten
1 Diese Ubersetzung ist nicht nur allen Ausgaben der so genannten Canitzischen Neben-Stunden, sondern auch dem andern Theile der Hofmannswaldauischen und anderer zusammen gedruckten Gedichte am 205. Blatte, schon ein paar Jahre vorher, aber nicht so richtig, als hier, eingerückt worden. Eine andre Verteutschung dieser Satyre findet man am 429. Blatte der Gedichte eines vornehmen Nürnbergischen Dichters, des Herrn von Führers, Kayserlichen Raths, ersten Raths-Gliedes daselbst, Castellans, welcher die Käyserl. Burg bewohnet, und dermahligen Oberhaupts des Pegnitzischen Blumen-Ordens unter dem Nahmen Lilidor. Der erste Theil seiner ietztangezogenen Poesien kam unter dem Titel der Christl. Vesta und irrdischen Flora 1702. zum erstenmahl heraus, und der neue und andere Theil ist bereits unter der Presse, und wird sehr ansehnlich mit Kupfern von dem Buchhändler Rüdiger verlegt werden.
2 Sich triegen, d.i. sich verlassen, darauf trauen; welche Bedeutung an vielen Orten unbekannt, aber doch in einigen Wörterbüchern als dem Frantz. und Deutschen des Rondeau, zu finden ist.
3 Man findet zwischen diesem und dem nachfolgen den in den neuen Editionen vom Boileau, noch vier Verse, die er aber erst im Jahr 1713. der bloß vor seinem Ende angefangenen Ausgabe eingedrückt, um zu verhindern, daß man nicht meinen solte, er hätte durch die Worte des folgenden Verses:
Grand Heros, Esprit rare & sublime,
Du Held von hohen Gaben.
den Marquis Dangeau angeredet; weil diese Worte auf denjenigen Spottsweise zielen, der vorher wegen seiner vielen Ahnen so aufgeblasen beschrieben worden; worunter er eigentlich den Grafen Joachim d'Estaing verstanden, der sich damahls in allen Gesellschafften so breit damit machte, daß König Philipp August, einer von den Nachkommen Capets, des Stamm-Vaters der dritten Linie der Frantzösischen Könige, iemanden von des Grafen tapfern Vorfahren erlaubet, künfftig das Königliche Frantzösische Mappen, nemlich die drey Lilien, in das seinige zu setzen. Ungeacht nun diese vier neue Verse an Schönheit den übrigen in dieser Satyre nicht gleich kommen, wollen wir sie doch, dem neugierigen Leser zu gefallen, mit hierher setzen:
Enivré de lui même, il croit dans sa folie
Qu'il faut que devant lui d'abord tout s'humilie;
Aujourd'hui toutefois, sans trop le ménager,
Sur ce ton un peu haut je vais l'interroger:
In sich allein verliebt, vermeint er Thorheits-voll,
Daß alles sich vor ihm demüthig bücken soll.
Doch will ichs, sonder ihn zu schonen, itzo wagen,
Ihn über diesen Thon, der ziemlich hoch, zu fragen:
4 Alfane und Bayard waren zwey Streit-Pferde alter Frantzösischer Roman-Helden, die der Herr von Canitz mit Fleiß weggelassen, weil dergleichen Dinge uns wenig angehen, und solche verlegene Frantzösische Liebes-Geschichte bey uns so selten, als unser Teutscher Herculiscus von den Frantzosen, gelesen werden.
5 So klang dieser Vers in den ersten Ausgaben, allein in der von 1701. welche die letzte war, die Boileau selbst drucken lassen, änderte er hernach denselben folgender Gestalt: Savés-vous pour la gloire oublier le repos? Kanst du um Ehr und Ruhm die süsse Ruh vergessen? ob nun gleich der Gedancke in diesem Verse schöner, so ist doch derselbe so wohl, als die vier vorher angemerckten Verse, erst in denen Editionen eingerückt worden, welche nach dem Tode des Herrn von Canitz zum Vorschein gekommen.
6 So hieß es in den ersten Auflagen. In den folgenden setzte Boileau: Plus de trente quartiers, und in den letzten: deux fois seize quartiers, weil er selbst bemerckt, daß die erste und andre Ausdrückung noch nicht deutlich genug gewesen; indem man bey der ersten weniger, bey der andern mehr als zwey und dreyßig, bey der dritten aber weder mehr noch weniger, als so viel Ahnen verstehen können, welches der höchste Beweiß ist, den man einem wegen seines Adels abzufordern pfleget; daher der Ubersetzer mit grossem Bedacht diese Zahl ausdrücken wollen.
7 Segoing, und nicht Segond, wie in vielen Auflagen des Boileau steht, war ein Advocat, und gab ein Buch von der Wapen-Kunst, unter dem Titel: Tresor heraldique, ou Mercure armorial. 1657. zu Pariß in Druck. Unser Ubersetzer hat diese Stelle mit Fleiß nur überhaupt verdeutscht, weil solche Nahmen, ausser ihrem Lande, viel von derjenigen Anmuth verliehren, welche sie sonst einer Satyrischen Schrifft zu geben pflegen.
8 La Mandille war eine Art von einem Mantel oder Uber-Rocke, ohne Ermel, den die Lackeyen trugen, und dadurch von andern Bedienten unterschieden waren. Im Jahr 1665. als Boileau diese Satyre schrieb, war solche noch zu Paris Mode: welches man darum erinnert, damit man die Richtigkeit der Verteutschung daraus beurtheilen könne.
9 Pierre d'Hozier war Königlicher Frantzösischer Genealogiste und Juge General des Armes & Blazons de France. Der Ubersetzer hat aus denen Ursachen, die wir bey Segoing angemercket, hier abermahl, wie billig, nur überhaupt die Gedancken ausgedrücket.