Böser Markt

Einer kam vom Königsmahle
In den Park sich zu bewegen,
Aus dem Busch mit einem Male
Trat ein andrer ihm entgegen;
Zwischen Rock und Kamisole
Griff der schnell, und die Pistole
Setzt er jenem auf die Brust.
»Leise, leise! muß ich bitten;
Was wir hier für Handel treiben,
Mag vom unberufnen Dritten
Füglich unbelauschet bleiben.
Wollt Ihr Uhren nebst Gehenken
Wohl verkaufen? nicht verschenken;
Nehmt drei Batzen Ihr dafür?« –
Mit Vergnügen!« – »Nimmer richtig
Ist die Dorfuhr noch gegangen;
Tut der Küster auch so wichtig,
Weiß er's doch nicht anzufangen;
[263]
Jeder weiß in unsern Tagen,
Was die Glocke hat geschlagen;
Gottlob! nun erfahr ich's auch.
Sagt mir ferner: könnt Ihr missen,
Was da blinkt an Euren Fingern?
Meine Hausfrau, sollt Ihr wissen,
Ist gar arg nach solchen Dingern;
Solche Ringe, solche Sterne,
Wie Ihr da habt, kauf ich gerne;
Nehmt drei Batzen Ihr dafür?« –
»Mit Vergnügen!« – »Habt Ihr künftig
Mehr zu handeln, laßt mich holen;
Edel seid Ihr und vernünftig,
Und ich lob Euch unverhohlen.
Gleich mich dankbar Euch zu zeigen,
Laß ich jede Rücksicht schweigen,
Und verkauf Euch, was Ihr wollt.
Seht den Ring da, den ich habe;
Nur von Messing, schlecht, unscheinsam,
Aber, meiner Liebsten Gabe;
Ach sie starb, und ließ mich einsam!
Nicht um einen Goldesheufen...!
Aber Ihr, wollt Ihr ihn kaufen,
Gebt mir zehn Dukaten nur.« –
»Mit Vergnügen!« – »Ei! was seh ich?!
Schöner Beutel goldgeschwollen,
Du gefällst mir, das gesteh ich;
Die Pistole für den vollen!
Sie ist von dem besten Meister,
Kuchenreuter, glaub ich, heißt er,
Nehmt sie für den Beutel hin!« –
»Mit Vergnügen! Nun Geselle,
Ist die Reih an mich gekommen!
Her den Beutel auf der Stelle!
Her, was du mir abgenommen!
[264]
Gib mir das Geraubte wieder,
Gleich! ich schieße sonst dich nieder,
Wie man einen Hund erschießt!«
»Schießt nur, schießt nur! wahrlich, Schaden
Wärt Ihr fähig anzurichten,
Wäre nur das Ding geladen.
Ihr gefallt mir so mit nichten.
Unfein dürft ich wohl Euch schelten;
Abgeschloßne Händel gelten,
Merkt es Euch und, gute Nacht!«
Ihn verlachend unumwunden,
Langgebeint, mit leichten Sätzen,
War er in dem Busch verschwunden
Mit den eingetauschten Schätzen.
Jener mit dem Kuchenreuter
In der Hand, sah nicht gescheuter
Aus, als augenblicks zuvor.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Chamisso, Adelbert von. Gedichte. Gedichte (Ausgabe letzter Hand). Lieder und lyrisch epische Gedichte. Böser Markt. Böser Markt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-4D0F-0