Brief an Andres,
von wegen einer gewissen Vermutung
Es ist mir angenehm aus Jost seinem Frachtzettel zu vermerken, daß Du willens bist, Dich wieder zu verheiraten. Glück zu!
Das Heiraten kommt mir vor wie 'n Zuckerboltje oder -bohne; schmeckt anfangs süßlicht, und die Leute meinen denn: es werde ewig so fortgehen. Aber das bißchen Zucker ist bald abgeleckt, sieht Er, und denn kommt inwendig bei den meisten 'n Stück Assa foetida oder Rhabarber, und denn lassen sie 's Maul hängen. Bei Dir nun soll's nicht so sein! Du sollst, wenn Du mit dem Zucker fertig bist, eine wohlschmeckende kräftige Wurzel finden, die Dir Dein Lebelang wohltut! Wie ich Dich kenne, und Deine Wirtschaft mit der seligen Gertrud angesehen habe, bin ich auch überzeugt, es werde so gehen, Du müßtest denn gar an einen Höllbesen geraten sein, und der gibt es nicht viele. Die Weiber sind geschmeidige gute Geschöpfe, und wenn Du von einer hörst die ihrem Manne krumme Sprünge macht, kannst Du allemal zehen gegen eins wetten, daß er sich gegen sie nicht betrage, wie 's einem christlichen Ehemann wohl zusteht.
Schreib 's mir ja vorher wenn die Hochzeit ist; denn wir wollen selbst kommen, und ich will Dir auch einen Hochzeitbrief schreiben und Dir darin eins auf meiner Harfe singen und spielen. Heißt soviel, ich will Dir aus alter Liebe 'n Carmen machen, denn das begreifst Du wohl, daß man in einem Briefe nicht singen noch auf der Harfe spielen kann, und pflegt man dergleichen [113] poetische Redensarten zu nennen, die in Prosa immer am unrechten Orte stehen.
Leb wohl, lieber Andres, und grüße Deine Braut von meinentwegen, und schick mir ihren Schattenriß, wenn's auch nur mit einer Kohle gemacht ist, ich will's Dir zulieb aufhängen, und Du kannst Dich dadurch insinuieren; denn sie haben's gerne, daß man ihren Schatten nehme. Noch einmal leb wohl, Herr Bräutigam, Gott gebe Dir eine gute Frau, und schreibe bald oder ich verharre etc.
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