Unterthänigste Glücks-Vermuthung, bey Chur-Printzl. Durchl. zu Brandenb. Hn. Hn. Carl Aemyl, unsers gnädigsten Chur-Printzen und Herren, den 30. OsterM. A.C. 1655. zu Cölln an der Spree angestellten Heil. Tauff-Feyer, zu Königsberg in Preussen demühtigst geschöpffet

Gott entbrennet im Gemüte
Nie so hefftig auff ein Land,
Daß nicht Väterliche Güte
Stets dabey werd' eingewandt:
Da ist Straff auff unsre Schuld,
Hie Erbarmen und Gedult.
Mitten in dem Krieges-Fewer,
In der Kümmerlichen Zeit,
Die uns alles Ungehewer
Plündern, Brand und Elend dreut,
So wirst du, der Völcker Heil,
Chur-Printz, eben uns zu Theil,
Machst, daß wir die Furcht gelosen,
So uns scheint zu überziehn.
Also trägt ein Dorn-Pusch Rosen,
Süssen Honig eine Bien'
Und in einem wilden Streit
Blüht die Siegs-Kron' allezeit.
Lang ist schon umb dich gebehten,
Wenn sind unsre Seufftzer nicht
Wegen dein vor Gott getreten?
Nein, nun schier der Mastbaum bricht,
Schafft der höchste Gott, daß man
Dich, O Stern, erblicken kan.
Zwar von unsers Wandels Sachen,
Der nur Frevel, können wir
Uns gar schlechte Rechnung machen,
Doch kömpt dieser Trost mit dir,
Daß Gott mitten in der Pein
Nicht zu streng' uns werde seyn,
Uns nicht gäntzlich übergeben
In Verwüstung, Raub und Schwerd.
Er verleihe dir nur Leben
Und des Geistes hohen Werth,
Der dich über alles hebt,
Was sonst hoch auff Erden schwebt.
Der, wenn alles Glut wird fassen,
Was wir sehen weit und breit,
Dich auch dort wird herschen lassen
In der güldnen Ewigkeit,
Und verschaffen, daß auch hier
Nichts dir gleich' an Pracht und Zier.
Hierzu nam der Bund der Gnaden
Dich in diesen Tagen auff,
Der der Erb-Schuld dich entladen,
Dich geheiligt durch die Tauff',
Ohne die vor Gott August
Selber ist nur Koth und Wust.
[237]
Wer nicht so wird new gebohren,
Muß vergehn, und wär' er gleich
Mehr als Königlich erkohren
Und hätt' aller Erden Reich,
Wo die Sonne früh' entsteht
Und des Abends untergeht.
Hiedurch lernt ein Fürst sich zwingen,
Eh' er wird der Völcker Zwang,
Wird und bleibt für allen Dingen
Seiner Lüste Zucht und Drang,
Eh' er über Leut' und Land
Streckt die Herrschafft seiner Hand,
Hält von Gottes Bahn geschritten
Für die allerhöchste Pein,
Gottes, welcher seiner Sitten
Richtscheid und Patron muß seyn
Und ein Licht, das seinem Fuß
Nimmer untergehen muß.
Wol uns, wol, wenn nun bey Zeiten
Dich, O Kind, des Himmels Pfand,
Selbst die Gottesfurcht wird leiten
An der Unschuld-reichen Hand,
Und die Tritte, die du thust,
Werden seyn nur Tugend-Lust!
Dieses wird uns baß gefallen,
Baß uns stillen, als wenn du
Möchtest reissen stracks für allen
Auff die blancken Degen zu,
Welches man zwar allermeist
Tapffer, doch auch grausam heist.
Wolte Gott, dein gantzes Leben
Wäre nichts als Sicherheit,
Daß kein Schwerdt wär' auffzuheben,
Ohn wenn selbst das Recht gebeut
Und die Laster, die allein
So gebüsset wollen seyn.
Nichts ist so gewündscht auff Erden,
HERR, wir hoffen es von dir,
Denn du nicht wirst anders werden,
Als die hohe Tugend-Zier
Deiner Eltern, die das Licht
Dir ertheilen, uns verspricht.
Ihr Verstand und thewre Gaben,
Die weit über Menschen sind
Und auß Gott den Ursprung haben,
Schaffen, daß auch du, O Kind,
Also bald du lernest stehn,
Mögest ihren Fußpfad gehn.
O der hochgewünschten Stunden,
Wenn der grosse Vater nun
Seiner SorgenLast entbunden,
Dir sein Stamm-Hauß kunt wird thun
Mit Bericht, daß dieses frey
Aller Tugend Schauplatz sey!
Wenn der hohen Mutter Güte
Auch nach ihres Hauses Art
Dir wird bilden das Gemüte,
Du dabey auch jung und zart
Dahin beugsam wirst gespürt,
Wo dich ihre Zucht hinführt!
Grosse Lichter dieser Erden,
Churfürst und auch Churfürstinn,
Schutz und Zuflucht ewrer Herden,
Haltet über diesem Sinn,
Macht, daß seine Schritt' allein
Unschuld, Recht und Liebe seyn.
Mehrt in ihm der Tugend Flammen,
Mischet Gottesfurcht und Treu'
Allzeit in die Milch der Ammen,
Bringt die Einbildung ihm bey,
Daß er Gott mit Lust und Wahn
Einig seyn müss' unterthan,
[238]
Daß er seinen Untersassen
Müss' ein Bild seyn jederzeit,
Die von ihm Exempel fassen.
Liebet Er Gerechtigkeit,
Wird Gewalt und Unrecht nie
Leichtlich herrschen über sie.
Ist Er feind der Venus Sünden,
Es wird sich der Unzucht Haß
Auch bey ihnen leichtlich finden:
Wer liebt wol Gesöff und Fraß,
Sieht er nie von vielem Wein
Seinen Fürsten truncken seyn?
Ja kein Schiffer sieht so eben
Nach dem Nord-Stern auff der Fluth,
Als wir sämptlich Achtung geben
Auff den Fürsten, was er thut,
Ihn sieht allzeit jederman
Wol mit hundert Augen an.
Nirgends kan er seyn verborgen,
Allenthalben nimmt man war
Seiner Wercke, seiner Sorgen.
Denn die Sonne scheint doch klar,
Wenn sie sich gleich umb die Nacht
Fern von hinnen hat gemacht.
Herren, welche dieß bedencken,
Werden ihren Sinn so bald
Nicht auff etwas böses lencken.
Numa stellt ihm diesen Halt,
Darumb nam auch Rom an Ruh',
Ansehn', Macht und Segen zu.
Constantin und Carl die Grossen
Haben auch durch dieses Mal
Ihre höchst-Gewalt umbschlossen,
Sich gemässigt überall,
Darumb ihre Macht auch trat
Weit, weit über den Euphrat.
Sie sind friedlich hingestorben,
Wo man sie nur sterblich hält,
Und ihr Lob, das sie erworben,
Füllt noch jetzund alle Welt,
Da hingegen Tolch und Gifft
Meistentheils Tyrannen trifft,
Das nicht schadet frommen Herren,
Weil die Liebe sie bewacht.
Nichts verfängt doch sich versperren
Durch der Partisanen Macht,
Ist der Untherthanen Treu',
Huld' und Liebe nicht dabey,
Welche dich, Kind, wird bewachen,
Weil der Unschuld Zucht allein
Deine Gnüg' in allen Sachen,
Deine Frewd und Lust wird seyn,
Und der Höchst' ohn unterlaß
Deiner Werck' und Sinnen Maß.

1. Sonnet.

Der Printz von Brandenburg wird an der Spree gebohren,
Das Kind, darumb viel Bitt' und Thränen sind verlohren,
Gott ist, der Ihn uns schenckt, Loyse, so gebierht
Dir, Fridrich Willhelm, dich mit hoher Heyraht ziehrt.
Es sah' Ihn ein Poet in Königsberg entspringen
(Gott sagt es ihm) und fing darüber an zu singen:
Wer meint, Poeten sey der Götter Spruch nicht kunt,
Daß ihr Geheimnüß sich nicht leg in ihren Mundt?
Wehmütter, geht, ihr müst von der Gebuhrt-Zeit schweigen,
Nun ein Poet von fern sie besser weiß zu zeigen.
[239] 2. Ode.

Süsses Kind, waß wirstu werden?
Denn der Himmel dich, sein Pfand,
Nicht umbsonst uns und der Erden
Schenckt mit so geneigter Hand,
Ohn Verzug und Schmertzen schier
Grüssest du der Sonnen-Ziehr.
Besser Glück ist nicht gewesen,
Als die Venus selbst gelag
Und des Kindes ist genesen!
Also bricht der helle Tag
Durch der Wolcken dickes Zelt
Und so grünt das Vorjahrs-Feldt.
Ob du deiner Mutter Gaben,
Ihrer Zucht Vollkommenheit,
Ihr Gemüthe suchst zu haben,
Wenn du wächsest mit der Zeit,
Wie beliebet wirst du seyn,
Wegen Ihrer, uns allein.
3. Sonnet.

O Sonne, neig' herab die Augen voller Stralen
Und sey bemüht mit Glantz uns diesen Tag zu mahlen,
Der heilig ist und heist, an welchem Gott uns liebt
Und uns der Völcker-Huth, die Fürsten-Sonne giebt,
Der hell von Tugend gläntzt, der ChurErb, der die Gaben
Des Vaters, seinen Witz und Herrschafft-Kunst wird haben,
Der ist uns heut geschenckt; das Licht, so vormahls war
Nur eine Sonne, hat zwo Sonnen jetzund dar,
Und hat am Himmel hell zu scheinen nun begonnen:
Du Ewge Sonne, Gott, erhalt die beyden Sonnen
Zu Ehren dir und zu der Unterthanen Heyl,
Ohn Schmertzen, Kranckheit-Noht, ohn Sorg' und allen Feil,
In diesem hohen Glantz, den sie von dir gewonnen!

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Gedichte an das kurfürstliche Haus. Unterthänigste Glücks-Vermuthung. Unterthänigste Glücks-Vermuthung. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6397-0