[Ihr Schatten in der stillen Nacht]

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Ihr Schatten in der stillen Nacht,
Die jhr vieleicht an wilder Schlacht
Noch, wie im Leben, tragt Gefallen
Vnd gern seht, wenn das Todten-Meer
Vermehrt durch Helden ewer Heer
Die hie berühmt gewest für allen:
Jetzt schicken wir euch durch den Tod
Den hochverdienten Wallenrodt,
Den edlen Mann zwar durch die Ahnen
Durch Krieges-Thaten aber mehr,
Der einig suchte Ruhm vnd Ehr
Im Streit der Blutig-rohten Fahnen.
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Seyd froh vnd nehmt Ihn zu euch ein,
Lasst jhn euch hoch willkommen seyn.
Geht daß jhm werde Platz gegeben
Wo Hercules vnd Theseus sind,
Vnd wo Philippus grosses Kind,
Pericles vnd Pompejus schweben.
Was? gebt jhm eine Stell' allhie
Wo sich zum Samen Isai,
Dem Schild vnd Scepter der Ebreer,
Die Schar der Gottes-Helden thut,
Voraus die jhr gabt ewer Blut
Für das Gesetz, jhr Asmoneer.
Er wird in einer langen Reih'
Euch seiner strengen Waffen Trew
Verdienst vnd hohen Fleiß erzehlen,
Vnd welches zu beschreiben dir,
O Maro, es an Kunst vnd Zier
Vnd schönen Worten möchte fehlen.
Wird sprechen: stracks von Jugend auff
Enthielte mich der Tugend Lauff,
Ich war noch kaum von sechszehn Jahren,
Als mich die Krieges-Lust schon fieng,
Vnd, wo noch spielte, stund vnd gieng,
Nur Lantz vnd Helm mein Leben waren.
Der Trummel-Schlag, das Feld-Geschrey
War meine liebste Melodey.
Mein Hertz im Leibe pflag zu springen
Sah ich ein Ritterliches Pferd,
Mein Leit-Gestirn ein blanckes Schwerd,
Vnd hört ich wo die Kugeln singen.
Mein Preussen vnd mein Vater-Gut
War ein Gefängniß meinem Muth,
Ich sagte: gute Nacht, o Pregel!
Du leschest doch nicht meinen Brand,
Nimm du mich auff, o Niederland,
Dir eil ich zu mit vollem Segel.
So kam ich in der Waffen Feld.
Ich sah' in ordnung die Gezelt'
Vnd den beschlossnen Feind von fernen,
Ein jedes Heer verschantzte sich,
Dieß, sprach ich: ist ein Thun vor dich,
Hie kan dein Fleiß was guttes lernen.
Graff Wilhelm der Nassawen Liecht
Verwarff auch meine Jugend nicht,
Ich stracks versprech jhm Trew vnd Glauben,
Vnd rüste mich darauff zum Streit,
Verwahre mit dem Schwerd die Seit,
Das Haupt mit einer Bickel-hauben.
Versehe meine Wache wol,
Bin niemals süssen Weines voll,
Halt alles eben vnd gelegen,
Von Lüsten arm, von Mangel reich,
Für keiner Noht noch Arbeit bleich,
Vnd ohn verdruß in Kält vnd Regen.
Wie manches mahl hab' ich gewacht
Durch alle Stunden in der Nacht
Mit Mond und Sternen vmb die Wette,
Vnd schlieff ich denn noch einmahl ein,
So war mein Pfül ein harter Stein,
Der Wolcken Kleid mein Ober-Bette.
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Mein Spiel war alles was sonst kränckt,
Oftt hat die Pfütze mich getränckt,
Was Hitz vnd Frost hab ich erlitten,
Was Vngemach, Gefahr vnd Müh,
In dem ich mit dem Hunger hie
Vnd mit dem Feinde dort gestritten.
Schon dazumahl hat meine Hand
So manche Seel' hieher gesand,
Biß daß fünff Jahr' herumb sind kommen,
Da hat der Feld-Herr meiner war
Vnd mich von meiner alten Schar
In seine Leib-Hut auffgenommen.
Auch Friedrich Heinrich, deine Zier,
Oranien, merckte was an mir,
Warumb ich wäre zu erheben,
Hertzogen Busch hat meinen Fleiß
Auff sein' Erkäntnis beydes Preiß
Vnd höhern Ehren-Platz gegeben.
Da ließ ich meine Mannheit sehn,
Was Heil durch meine Faust geschehn,
Wird nicht Breda noch Mastrich schweigen:
Ich lasse Groll von diesem gantz
Steinbergen, Remberg, Schencken-Schantz
Vnd mehr Belägerungen zeugen.
Wo laß ich, Philippine dich?
Wo deine Wercke seyn, die ich
Mit eusserster Gefahr bestiegen?
Von dannen ich mich bey der Nacht
Selbs dritter kam zurück gebracht,
Die andern musten all' erliegen?
So daß sich über dieser That
Der Printz auch selbs entsetzet hat
Vnd mir nicht schlechten Danck erwiesen,
Vnd seiner werthen Helden Zier
Hat diese Tapfferkeit an mir
Vor allem Krieges-Heer gepriesen.
Es hatte dieser Tugend Brand
Mir etwas hohes zugewand,
Die Satzung fehlt' in diesem Glücke:
Mein Churfürst Görge Wilhelm hört,
Daß mich die Kunst der Waffen ehrt,
Er rufft mir, so komm ich zurücke.
Nach solcher Zeit hat meiner Stärck'
Vnd Wissenschafft erst Oderberg
Vnd nachmals Franckfurt viel zu dancken,
Die Oder weis vmbher Bescheid,
Wie ich den Feind durch manchen Streit
Getrieben hab in enge Schrancken.
Biß Friedrich Wilhelm unser Pracht
Mich in mein Vaterland gebracht
Vnd gantzes Preussen mir vertrawet,
Vnd giebt Oletzky mir auch ein,
Auff diesem Grentzhaus' Häupt zu seyn
Das jetzt erbärmlich nach mir schawet.
In diesem vnd noch vielem mehr
Gebt jhr, jhr Schatten, jhm Gehör
Im fall er es nur wil erzehlen,
Vnd nicht den allerschönsten Ruhm,
Der doch sein wahres Eigenthum,
Aus Demut noch sucht zu verhelen.
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Ihr alle, die des Himmels Feld
Vom Hause der Nassawen hält
Auff, windet frische Lorber-Kräntze
Sie umb den wehrten Gast zu ziehn,
Jauchtzt, wenn jhr könnt, und führt umb Ihn
Im Himmel newe Frewden-Täntze.
Weil wir hie nieden sein Gebein
Wol beyzusetzen embsig seyn:
Mars folget selbst der edlen Leichen,
Sein Roß, sein Küriß und sein Speer
Vnd andrer Zeug geht schwartz vorher
Vnd führt nicht schlechte Trawerzeichen.
Stellt ein die Klagen und das Leyd,
Macht zwischen Leichen unterscheid,
Ihr seine Liebsten, Freund und Erben,
Führt Trost und Leben im Gesicht,
Berühmte Helden können nicht
Wie wir gemeinen Leute sterben.

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Geistliche Lieder. Trostgedichte.. [Ihr Schatten in der stillen Nacht]. [Ihr Schatten in der stillen Nacht]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-63D6-2