Vor-Jahrs Liedchen

Vor 1642.


Die Lust hat mich gezwungen
Zu fahren in den Wald,
Wo durch der Vögel Zungen
Die gantze Lufft erschallt.
Fahrt fort, jhr Frewden Kinder,
Ihr Püsche-Bürgerey
Vnd Freyheit-volck nicht minder,
Singt ewre Melodey!
Ihr lebt ohn alle Sorgen
Vnd lobt die Güt' vnd Macht
Des Schöpffers von dem Morgen
Biß in die späte Nacht.
Ihr bawt euch artig Neste,
Nur daß Ihr Junge heckt,
Seyd nirgends Fremd' vnd Gäste,
Habt ewren Tisch gedeckt.
Ihr strebet nicht nach Schätzen
Durch Abgunst Müh' vnd Streit,
Der Wald ist ewr Ergetzen,
Die Federn ewer Kleidt.
Ach wolte Gott, wir lebten
In Vnschuld, gleich wie Ihr,
Nicht ohn auffhören schwebten
In sorglicher Begier!
Wer ist, der also trawet
Auff Gott, das höchste Gut,
Der diese Welt gebawet,
Vnd allen gutes thut?
Wir sind nicht zu erfüllen
Mit Reichthumb vnd Gewinn,
Vnd gehn vmb Geldes willen
Offt zu der Höllen hin.
O, daß wir Gott anhiengen,
Der vns versorgen kan,
Vnd recht zu leben fiengen
Von Euch, Ihr Vögel, an!

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Vor-Jahrs Liedchen. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6506-8