[250] [255]Unterthänigstes Geleit, als Se. Churfürstl. Durchl. Unser Gnädigster Herr, mit Dero Hochgeliebten Churfürstl. Gemahlin, der Churfürstin, und dem jüngst gebohrnen Churfürstl. Printzen sich bald darauff den 16. WeinM. auß ihrem Hertzogthumb Preussen erhaben, und in die andere Erb-Länder begaben

An Seine Churfl. Durchl. Meinen gnädigsten Churfürsten und Herrn.

Churfürst, der Du meinen Seiten
Beydes Leben bist und Tod,
Blickst Du sie nicht an zu Zeiten,
Stracks gerahten sie in Noht,
Daß sie wieder frölich seyn,
Rührt von Deiner Gnaden Schein.
Wo ich biß hieher gesungen,
Was geführet Geist und Art
Und nicht Bäwrisch hat geklungen,
Das that Deine Gegenwart;
Deine Gegenwart und Gunst
War mir Leben, Muht und Kunst.
Taug' ich jetzt nicht wol an Sinnen
Und entfällt mir Hertz und Hand,
Weil Du dich begiebst von hinnen,
Werd' ich wieder mir entwand,
Darumb thut Menalcas Rohr
Meinem Spiel es auch zuvor.
Ist dieß Wunder? Kältt' und Regen
Nehmen Lufft und Wolcken ein,
Nicht so sehr des Herbstes wegen,
Unser Liecht, als wegen Dein,
Dein betrübter Abschied macht
Alles wüst und kalte Nacht.
Vormals da die wilden Waffen
Und das grosse Krieges-Heer
Uns biß auff die Seele traffen,
Thränen herrschten und Beschwer,
Dennoch warest Du allhier
Unsre Hoffnung, Trost und Zier.
Diese Städt' empfunden Leben.
Gottes, Held, und Deine Hut
Hielten uns genaw umbgeben
Wieder allen Ubermuht
Derer, welchen Ruhm und Danck
Seyn solt' unser Untergang.
Über Wunsch und über Hoffen
Sind wir dieses, was wir sind.
Daß auch uns die Noht getroffen,
Tobt die Ost-See durch den Wind,
Sind die all' in Angst und Pein,
Die in einem Schiffe seyn.
Gnug daß wir wir noch so geblieben,
Nicht durch Sebel und durch Brand
Sind gleich andern auffgerieben.
Daß sich auch der Friedens-Stand
Hie so lang zurücke hält
Und nicht bald kröhnt unser Feld,
[255]
Dieß hat nicht an Dir gelegen,
Unser Boßheit ist die Schuld.
Die verkehrt uns allen Segen,
Die reitzt Gott zur Ungedult,
Die hält mitten in dem Lauff
Fried' und allen Wolstand auff.
Herr, was hast Du unterlassen?
Welches Heil versuchtst Du nicht?
Nein, kein Friede war zu fassen,
Biß Gott selbst die Bahn ihm bricht,
Selbst der Fürsten Hertzen lenckt
Und dieß theure Gut uns schenckt.
Nun Du uns damit versehen,
Bist du stracks auch wieder auff,
Keines Wetters Last, kein Wehen
Hindert Deiner Reise Lauff,
Noch die Seuche, die sich regt
Und schier allen Weg verlegt.
Dieß sind Ewre guten Tage,
O Ihr Fürsten, Ewer Pracht
Wird Euch gnug versaltzt mit Plage
Und mit Sorgen Tag und Nacht,
O wie wol ist der daran,
Der vergessen bleiben kan.
Gott der wolle Dich umbgeben!
Seiner Wächter grosses Heer
Müss' umb Dein Geleite schweben,
Daß kein Unfall Euch gefähr'
Und die Weg' und Herberg rein
Von der Pest und Kranckheit seyn.
Er gesegne Deine Wercke,
Nichts verkehre Deinen Raht,
Wachs' an Hoheit, wachs' an Stärcke,
Biß Dein Vorsatz werde That,
Und Du aller Feinde Macht
Unter Deinen Fuß gebracht.
An Ihre Churfürstl. Durchl. Meine gnädigste Churfürstinn und Fraw.

Himmel, dein gewünschtes Pfand,
Unsre Churfürstinn, wil reisen,
Schütz du Sie mit starcker Hand
Für der Pest, für Sturm und Eisen,
Thu des Herbstes Trawrigheit,
Kält und Nebel an die Seit.
Halt' die Wind' in ihrer Klufft,
Laß den Bäumen Ihre Blätter,
Schmück den weiten Raum der Lufft
Mit dem liebsten Vorjahrs-Wetter,
Laß des Weges Last, die Stein',
Eitel Woll' und Rosen seyn.
Denn in unser grossen Noht,
Da man nichts hie sahe walten
Als Verwüstung, Flucht und Tod,
Hat Sie bey uns außgehalten,
Welches uns in der Gefahr
Eine starcke Mawer war
Und ein Leitstern in der Nacht.
Denn wär' uns der Muth entfallen,
Hätte Sie sich weggemacht.
Nein, Sie stund bey uns für allen.
Unsre Trübsal, Furcht und Pein
Hatte Sie mit uns gemein.
Dieses ist das feste Band
Zwischen Herrn und Untersassen,
Und kein starcker Diamant
Wird genawer Sie umbfassen,
Als trit ein Regent in Noht
Mit in seines Volckes Both.
Was? in dieser Krieges-Fluth,
Die uns stets den Tod gedrewet,
Hat Ihr Fürstlich-keusches Blut
Mit Geburt uns auch erfrewet,
Und durch ein gewünschtes Pfand
Hoch beseligt dieses Land.
[256]
So sol jenes Vöglein auch
Sich an keine Wellen kehren
Und nach eingepflanztem Brauch
Mitten in der See gebehren,
Da in dessen Fluth und Wind
Allzeit still und friedlich sind.
Sagt dieß Zeichen uns nicht zu,
Daß die wilden Krieges-Wellen,
Die umbher sind, uns in Ruh
Dennoch endlich werden stellen,
Drumb des Printzen Nahm' allein
Von dem Friede müssen seyn?
Dieses, O Churfürstinn, macht,
Daß, nachdem Du zeuchst von hinnen,
Dir wir alle gute Nacht
Geben mit betrübten Sinnen
Und wie Kinder, lässt Sie nun
Ihre Mutter, kläglich thun.
Warumb eilest du so sehr?
Ist es müglich unsert wegen?
Spürst Du hie nicht Lieb' und Ehr,
Und was ist Dir sonst entgegen?
Endlich wenn Dich umb und an
Nichts allhie behalten kan,
Wir so unglückselig sind,
Uns die Satzung scheint zu hassen,
Wenn Du noch das süsse Kind
Uns zum Pfande möchtest lassen,
Welches unser scheint zu seyn
Wegen der Geburt allein:
Nein, auch dieß wird uns versagt.
Folg der Satzung Deiner Sachen,
Zeuch, der Kummer so uns nagt,
Lässet uns kein Wort mehr machen,
Daß auch keiner, wie Er sol,
Schier kan sprechen: Lebe wol!
An den Churfürstl. Printzen Meinen gnädigsten Fürsten und Herrn.

So must auch Du schon reisen,
Du junges Fürsten-Blut,
Und hiedurch uns beweisen
Der Satzung ernsten Muth,
Wie daß hinfort Dein Leben
Nichts anders werde seyn
Als reisen und stets schweben
In Arbeit, Sorg' und Pein.
Was lässest Du Dich treiben?
Dein Vaterland ist hier.
Du möchtest wol hier bleiben,
Dein trewes Volck sind wir.
Du dürfftest so nicht eilen,
Wir wolten ohn Beschwer
Das Hertz auch mit Dir theilen,
Im fall es müglich wär'.
Als Deine Eltern beyde
Sich her zu uns gemacht,
Ein Trost in unserm Leide,
Ein Licht in unsrer Nacht,
Wo ist Dein Bruder blieben?
Behielt ihn nicht Berlin?
Ob sie ihn minder lieben,
Dich suchen vorzuziehn?
Wie fürchten wir das Wetter!
Ja wär' es Vorjahrs-Zeit,
Der Wald gewinne Blätter,
Das Feld sein grünes Kleid,
Nun ist der Herbst zugegen,
Der Mörder aller Lust,
Der sich beginnt zu regen
Mit Flüssen, Pest und Wust.
Hättst Du noch Krafft gewonnen,
So hätt' es nicht Gefahr.
Seit Du dich zeigst der Sonnen,
Ist hin ein Viertheil Jahr.
So zart must Du von hinnen.
Fahr wol, Du Hertz und Zier
Der Deinen, mit den Sinnen
Bleib' aber allzeit hier.
Der Ort, da wir gebohren,
Nimmt uns für andern ein,
Laß uns auch außerkohren
Und stets dein eigen seyn.
Wohin Du kömpst, geschehe
Dir alle Gnüg' und Ehr,
Fahr wol, ich aber sehe
Hinfort Dich nimmermehr.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Gedichte an das kurfürstliche Haus. Unterthänigstes Geleit. Unterthänigstes Geleit. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-657B-F