Bey Hoch-Adelicher Leichbestattung Frawen Anna von Schlieben, geborne von Diebes, welche in Gott entschlaffen
den 6. Febr. 1645.
Dv, O getrewe Mutter, Erde,
Am allerbesten ist es doch,
Daß auf des schweren Alters Joch
Ein Mensch in dich verscharret werde,
Vnd schlaffe stoltz vnd vngeschreckt
Bis jhn der Jüngste Tag erweckt.
Die Welt kan vns nicht ewig haben,
Sie wird noch vnser endlich satt,
Wir sind verdrießlich, alt vnd matt.
Was bessers ist, als seyn begraben,
Vnd räumen Welt vnd jhre Pein
Der Nachfahrt, vnserm Samen ein?
Du birgst das Wohnhauß vnsrer Seelen,
Den Leichnam, tieff in deinen Schos,
Da ruht er aller Sorgen los
In den geheiligt-stillen Hölen,
Bis jhm der grosse Seelen-Hirt
Hoch aus den Wolcken ruffen wird:
Ihr Todten, findet euch nun wieder,
Kompt, werdet vor Gericht geschawt!
Da wirstu, was dir anvertrawt,
Haut, Fleisch, Gebein vnd alle Glieder
Vns wieder geben also wol
Daß auch kein Zahn gebrechen sol.
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Ich war zu leben gantz verdrossen,
Wol mir, daß ich gestorben bin!
Im Himmel schwebt mein Geist vnd Sinn,
Hie sprech ich meine Blutsgenossen;
Der Höchste selbst ertheilt sich mir
In aller Pracht vnd heilgen Zier.
Du, Erde, die mich erst geboren
Vnd wol genährt, nimbst mein Gebein
Von meinen Kindern zu dir ein,
Hie bleibt kein Nagel mir verlohren,
Wiewol nur über wenig Jahr
Vmb mich ist weder Haut noch Haar.
Was weint jhr so, jhr lieben Kinder!
Begrabt mich Christlich, als jhr thut,
Vnd tröstet nachmals ewren Muth,
Ihr sterbet mit der Zeit nicht minder.
Denckt an den Tod, seyd allzeit wach!
Ich reise vor, jhr folget nach.