[So werd' ich dan der Bahr]

[131]
So werd' ich dan der Bahr
Vor ewrer Thür gewahr,
Des Lahkens auch daneben,
Mein Freund? hör also ich
Geschrey vnd Klagen sich
Bey Euch erheben?
Trägt man den Sarg hinein,
Den Ewer Fleisch vnd Bein,
Was? Ewer Hertz sol füllen?
Seh ich, o grosses Leid!
Ein schwartzes Trawer-Kleid
Euch beyd' vmbhüllen?
Das Gott geklaget sey,
Das Zeugnis Ewrer Trew,
Das Pfand gewünschter Flammen
Fährt durch den Tod Euch hin,
Nimmt mit weg Ewren Sinn
Vnd Trost zusammen.
Vnd daher gebt jhr kaum
Dem Wort des Herren raum,
Wollt keinem Raht beypflichten:
Kein Spruch, kein hoher Fleiß
Gelehrter Bücher weis
Euch auff-zu-richten.
O, sprecht Ihr, Meine Wonn'
Vnd Hoffnung ist davon,
Mein Kind ist mir gestorben,
Mein einigs Kind, das mir
Viel tausent Lust vnd Zier
Offt hat erworben.
Mein schönstes Hertz, muß ich
Mit heissen Thränen dich
Todt vor mir sehen liegen!
Bist du schon blaß vnd kalt?
Warst du mein Auffenthalt,
Vnd mein Begnügen?
Hast du mich offt ergetzt?
Hab ich auff dich gesetzt
Trost, Hoffnung vnd Verlangen?
Hat deiner Anmuth Schein
Mit diesen Engelein
Vns offt gefangen?
Ihr Thränen fliesset sehr,
Recht also, vnd noch mehr,
Ich muß mein Kind beweinen,
Höhnt jemand meine Qual
Denselben gleich' ich Staal'
Vnd harten Steinen.
Was aber hat, mein Kind,
Mein Leben, so geschwind
Dich in den Sarg geleget?
Wem schreib ich doch die Pein
Des Todes zu? ist dein
Nicht wol gepfleget?
O ich hett' vnbeschwert
Dir selbst mein Blut gewehrt,
Dein Leben zu erhalten,
Nein, deine Zeit war hie,
Vmbsonst ist Pfleg vnd Müh,
Du must erkalten.
O Himmels Vnbestand,
Jetzt schenckst du mir das Pfand,
Jetzt nimmst du es von hinnen!
Ist Rew, die dich auch regt?
Die schwache Kindheit pflegt
Dieß zu beginnen.
Was bin ich Schmertzen voll?
Was klag' ich mich? wem sol
Des Muhtes Vnmuth frommen?
Der Tod hat dessen Spott,
Ich werd', O Kind, wils Gott,
Bald zu dir kommen.
Wahr ist es, Kinder-Tod
Ist Eltern grosse Noht,
Vnd fast nicht zu verschmertzen,
Ich weiß, weil ich auch schon
Begraben einen Sohn
Mit schwerem Hertzen.
Sein' Huld vnd Freundlicheit
Vnd Spiel war jederzeit
Mein Seufftzen vnd Verlangen,
Mein Sinn war jmmer schwer,
Für grossem Leiden währ'
Ich schier vergangen.
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Vnd endlich hub ich an:
Was thust du doch? was kan
Dein Leid dir Frommen geben?
Du hast dein süsses Pfand
Vorauß zu Gott gesandt
In jenes Leben.
Du kömpst zu Ihm, nicht Er
Zu dir in diß Beschwer,
Da lauter Thränen fliessen,
Gott hat jhn sehr geliebt,
Der sich auch zeitig giebt
Ihm zu geniessen.
Vnd dem komm Du auch nach,
Herr Doctor, halt gemach
In diesem deinem Leyden,
Diß häufft nur Sünd vnd Schuld,
Du weist, wie Vngedult
So hoch zu meiden.
Ich führe dir das Wort,
Das du am heilgen Ort,
Offt predigst, zu Gemüthe,
Laß Heyden trawrig seyn,
Erkenn auch in der Pein
Des Herren Güte.
Wohn deiner Liebsten bey
Mit Troste, der Geschrey
Vnd Angst nicht zu ermässen,
Wo dient es jrgends zu,
Das Hertz jhm selbst ohn Rhue
Vmbsonst aufffressen.
Das Kind bewohnt den Saal
Der Sternen, kennt nicht Qual
Noch dieser Welt Getümmel,
Vnd sehn sein Engel nicht
Des Höchsten Angesicht
Ohn End im Himmel?
Ihr wisst, Gott nimmt, Gott gibt.
Auch ich gieng erst betrübt,
Jetzt sing ich Frewden-Lieder:
Gott sencket' in das Grab
Mir einen Sohn, vnd gab
Mir zweene wieder.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Geistliche Lieder. Trostgedichte.. [So werd' ich dan der Bahr]. [So werd' ich dan der Bahr]. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6779-3