[214] [217]Hertzinniglichste unschuldigste Frewde, die bey längst- und höchstgewünschter Entbindung unserer gnädigsten Churfürstin und Frawen, nachdem Sie 1648. 21. May eines Chur-Erben genesen, dero getrewe Unterthanen in Preussen empfunden

Also hat uns Gott in Gnaden
Nun auch dieser Furcht entladen,
Heldinn, durch den thewren Gast,
Den du zwar besorgt getragen,
Aber in den Meyen-Tagen
Newlich froh gebohren hast.
O der so gewünschten Stunden,
Die, O Churfürstinn, entbunden
Dich der Bürd' und uns der Noht,
Uns, die unser grosse König
Eben dazumahl nicht wenig
Hat betrübt durch seinen Todt.
Das Verlangen, so wir trieben,
Wird durch keines Faust beschrieben,
Stündlich fast kam Zeitung ein,
Ja, es ist in dreyen Wochen
Nichts ohn dieß allein gesprochen:
Die Geburt soll richtig seyn.
Wer hat aber unterdessen
Des Gebehtes hie vergessen?
Dieß war aller Kirchen Thon,
Unsre Seufftzer, unsre Lieder,
Die wir sungen hin und wieder,
Waren nur umb diesen Sohn.
[217]
Gott hab' jetzund unser Flehen
Oder sonst was angesehen,
Wol, du hohe Mutter, dir!
Den du untter keuschem Hertzen,
Gott und du weist mit was Schmertzen,
So viel Monden trugst, ist hier.
Wol auch uns und unserm Lande,
Dem sich Gott in diesem Pfande
Seiner Gunst versichert hält,
Und nun unsrer Hoffnung Tritten,
Die bißher so sehr geglitten,
Einen festen Grund gestellt.
Seine Huld wil uns nicht lassen,
Recht als wir bekümmert sassen,
Weinten: Unsers Hauptes Pracht
Hat uns gute Nacht gegeben,
Ward' uns dein' Entbindung eben
Fern aus Cleve zugebracht.
Wie in starcken Donnerschlägen,
In Gewölck', in Sturm und Regen
Uns die liebe Sonne thut,
Also mitten in dem Leide
War uns über dieser Frewde
Auch umb selbe Zeit zu muth.
Anfangs wolte man nicht trawen,
Was wir mit Verlangen schawen,
Wird mit Sorg' und Furcht gegläubt,
Biß die Warheit wird erlesen,
Und von diesem lieben Wesen
Eine Post die andre treibt.
Als sie aber nun erschollen,
Hätte man hie sehen sollen
Alles Land in Frewde stehn,
Sich mit diesen wehrten Sachen
Hin und Her beheglich machen,
Einen Freund zum andern gehn.
Niemand kan was anders sprechen
Auff der Börß', in den Gelächen.
Krancken selbs ist hievon woll,
Daß sie Krafft und Leben fassen,
Gärtten, Junckerhöff' und Gassen
Sind von dieser Zeitung voll.
Erst ist in der Frommen Orden
Gott hievor gepriesen worden,
Und gesagt, daß seiner Trew
Einig dießfals sey zu dancken,
Als die Häuser, so schon wancken,
Wieder durch Geburt erfrew'.
Hierauff geben ungehewer
Beydes Schloss und Freyheit Fewer.
Lochstät, Pillaw, See, die Fluth
Beyder Häb' und ihre Tieffe,
Und die tausent frembden Schiffe
Stehn in Nebel, Dampff und Glut.
Waß? der Brückenreiche Pregel
Hebt durch Flaggen, Mäst' und Segel
Sein beschilfftes Haupt empor,
Und nachdem er angesehen,
Was und warumb es geschehen,
Läufft er schneller als zuvor.
Thetis schickt die Germawinnen
Und die schönen Dirschkeiminnen
Auß den Wellen an das Land,
Die an ihrem West sich kühlen
Und durch seine Freundschafft spülen
Grossen Birnstein an den Rand.
Phyllis schickt Sylvanen Kräntze,
Alle Nymfen führen Täntze,
Ihre Furcht, der geile Pan,
Geht nicht minder stets im Reyen
Und auff seiner Wald-Schalmeyen
Singt er hievon was er kan.
[218]
Der Lust noch nicht zu gedencken,
Die sich in Gesundheit-Träncken,
Und im Frewden-Brand' erregt,
So die gantze Nacht durch wehrte
Und, weil ihn der Pöfel nährte,
Kaum früh Morgens sich gelegt!
Lasst uns treiben was wir können,
Weil es Gott uns scheint zu gönnen,
Also muß die Furcht und Pein,
Der wir in verwichnen Jahren
Gnug uns pflagen zu befahren,
Nun einmal bezahlet seyn.
Auch du, Königlicher Schatten,
Wirst uns diese Lust verstatten,
Unser Hertz ist dir bekant,
Und der Himmel, deine Wonne,
Da dich kröhnet Licht und Sonne,
Weiß umb unsern Trawer-Standt.
Allzeit wird man dir gewehren
Jammer, Hertzens-Angst und Zehren,
Unsre Mawer wahrest du,
Unser Trost in Müh und Sorgen,
Wider Mitternacht und Morgen
Halffst du uns mit Schutz und Ruh.
Nur verzeih, daß man die Klage
Was verscheubt an diesem Tage,
Da ein newes Licht uns strahlt,
Und die Nacht bekränckter Hertzen
Durch die angenehme Kertzen
Wolgegründter Hoffnung mahlt.
Denn von nun an wird sich Leben,
Geist und Muth erst recht erheben,
Nun verjüngt sich jedermann,
Kan von allen seinen Sachen
Ihm gewisse Rechnung machen,
Greifft sich mehr als vormahls an.
Nun wird man nach Nahrung schawen,
Felder, Gärten, Häuser bawen,
Nun nach süsser Heyraht stehn,
Nun wird hie in Glaubens-Wercken
Auch der Gottesdienst sich stärcken
Und das Recht im Schwange gehn.
Hierbey trawren oder klagen
Ist ein Undanck so zu sagen,
Deutschland muß den langen Streit
Wider Danck und Willen hegen,
Ist doch über deinem Segen,
O ChurBrandenburgk, erfrewt.
Fleust der edle Rein gleich blutig,
Dießfals ist er dennoch muhtig,
Zieht es ihm zum Rhum und Pracht,
Daß der Trost so vieler Lande
Eben jetzt an seinem Rande
Ist an dieses Licht gebracht.
Cleve kan sich nicht ergründen
Noch in dieses Glück recht finden,
Wolte Rom nicht hie vor seyn,
Und es hat fürwar zu prangen,
Denn es stellte das Verlangen
Grosser Völcker hie sich ein.
Sey gegrüsst, O Preiß der Städte,
Gott erhöret die Gebehte
Seiner lieben Schar in dir,
Hat mang tausent dich erkohren,
Schaw, es wird in dir gebohren,
Unsre Lust, der Helden Zier.
Gott müss' allzeit dich erwehlen,
Nie dir etwas lassen fehlen,
Werde seines Segens Zelt,
Wachs an Ansehn, Leuten, Wahren
Und verkehr' in wenig Jahren
Dich, O Stadt, in eine Welt.
[219]
Schaw, wie sich an deinen Frewden
So viel grosse Häuser weiden,
Wie die Groß-Fraw-Mutter thut,
Gott ihr Lippen-Opffer bringet
Und der Sternen Hitze zwinget
Durch der Andacht heisse Glut.
Cölln erdencket newe Weisen,
Wie Berlin auch Gott zu preisen,
Holland weiß jetzt keinen Streit
Und wil aller Noht vergessen,
Wo bleibt Neuburgk, Churland, Hessen
Und was mehr sich hierob frewt?
Jetzund thut mir erst von nöhten
Alle Zieraht der Poeten,
O wer läst mich Claudian,
Flaccus oder Maro werden?
Ich verliesse Volck und Erden,
Würde stracks ein weisser Schwan.
Oder hett' ich Ceres Drachen,
Die mir wüsten Bahn zu machen,
Weg durch Wolcken, Lufft und Wind,
Sollt ich nicht auff schnellem Wagen
Über Stern und Himmel tragen
Dich, du süsses Fürsten-Kind?
Deiner hohen Ahnen Mänge
Würden erstlich mein Gepränge,
Deines Vaters Pracht stünd hie
Deiner Mutter gegenüber,
Wäre mir auch etwas lieber
Als die Anmut solcher Müh?
Hierauff säng ich das Verlangen
Und den Wunsch, dich zu empfangen,
Der nicht zu ergründen ist,
Denn du nicht kömpst ungebehten,
Sondern wol in tausent Städten
Wie von Gott erzwungen bist.
Nachmals rühmt' ich das Begnügen
Deiner Eltern, deine Wiegen,
Deiner Pflege grosse Trew,
Wie erfrewt du angekommen,
Wie man dich hab' auffgenommen
Nur mit Lieb' und Lust-Geschrey.
Nachmals wolt' ich kündig machen,
Was von deines Lebens-Sachen
Das Verhängnüß-Buch enthält,
Deinen Auffwachs, deine Jugend,
Deine ritterliche Tugend,
Dein Verdienst in dieser Welt.
Aber dieß sind hohe Dinge,
Ich bin ihnen zu geringe,
Auch Barleus Wissenschaft,
Die nicht gnugsam zu erheben,
Würd' er ietzt gleich wieder leben,
Fehlt' es hie an Geist und Krafft.
Wachs, O Kind, die grünen Wälder
Und die Frucht der schwangren Felder
Wächst zu Wolgefallen dir,
Dann nicht, wann es pflegt zu schneyen,
Sondern in dem schönen Meyen
Bistu, Wunsch der Sternen, hier.
Blumen, Gräser, Kräuter, Bienen
Sind bemüht dir auff zu dienen,
Heissen dich willkommen seyn,
Suchen dich als ihrem Herren
Alle Lust-Thör' auffzusperren,
Also gehst du zu uns ein.
Daß Geflügel lässt sich hören,
Singt auff unterschiednen Chören,
Dich Kind, seinen Hertzog, an,
Und die Kunst der Nachtigalen
Kriegt den Preiß für andern allen,
Und erhebt dich, wie sie kan.
[220]
Werden wir durch deine Gaben
Nicht ein stetes Vor-Jahr haben,
Nicht ein Leben aller Ruh?
Denn die angenehme Zeiten,
Welche dich, O Kind, begleiten,
Sagen dieses gut' uns zu?
Eben jetzt wird allenthalben
Dich der Geist von oben salben
Durch das heilig-hohe Bad,
Da sich Gott mit allem Segen
Wird in dein Gemüte legen,
Daß du wandelst seinen Pfad.
Du entsagst den bösen Lüsten,
Lässest dich mit Warheit rüsten
Wieder Satans Tyranney,
Hebst dein Hertz von aller Erden
Gar ein newer Mensch zu werden,
Der nach Gott geschaffen sey.
Bist ein Fürst zwar von Geblüte,
Doch ein Keyser im Gemüte,
Schlachtst du deinem Vater nach,
Dessen unbeflecktes Leben
Glimpff und Weißheit zu erheben
Aller Redner Kunst zu schwach.
Der wird dich in gleichen Sachen
Durch die Zucht Ihm ähnlich machen,
Auch der Mutter hoher Fleiß
Wird zu allem Wesen sehen:
Was wir bitten oder flehen
Ist dein Auffwachs, Zier und Preiß.
Also wirstu Ruh' und Frommen
Denen seyn, die nach uns kommen,
Und zwar hie im Segen stehn,
Aber dort, wenn du in Frieden,
Alt und Welt-satt abgeschieden,
Über alle Hoheit gehn.
Und du Blume von Nassowen,
Als die Welt ie können schauen,
O Loyse, sey erfrewt,
Und laß neben uns den deinen
Ehr' und Danck vor Gott' erscheinen
Wegen deiner Fruchtbarheit.
Also wirst du nun unß Preussen
Noch so hoch gesegnet heissen.
Wird es denn nicht bald geschehn?
Kömmt die Stunde nicht geschwinde,
Daß wir dich sampt deinem Kinde,
Grosse Mutter, werden sehn?
Küss' indessen auff die Schmertzen
Deinen liebsten Sohn von Hertzen,
Er bezahlt dir gnug die Noht,
Er verbindet auch die Wunden,
Die du, Heldinn, hast empfunden
Durch des hohen Vaters Todt.
Gott wird ferner uns erhören,
Brandenburgk durch dich vermehren
Als die Stern' am Himmels-Saal,
Weil es zimlich abgenommen,
Aber nun empor sol kommen,
Ist mir recht, zum dritten mal.
Du nur wollest dieses Wesen
Meiner trewen Einfalt lesen
Frölich, gnädigst, ohn Verdruß,
Nach den Niederländer-Schwänen
Dich nun einer Ganß gewehnen,
Die in Preussen schnattern muß.
Aber auch von Dir zu sagen,
ChurFürst, süsses Wolbehagen
Deines Himmels und der Welt,
Was für Pflicht ist zu erdencken,
So wir deiner Gnade schencken,
Die uns so umbschlossen hält?
[221]
Dich der blossen Wollust wegen
In der Liebe Joch zu legen,
Ist von dir ein falscher Wahn,
Denn wer hat nicht gnug erfahren,
Daß du in den zarten Jahren
Solche Lust von dir gethan?
Kuntte dir nicht dies zu treiben
Fug' und Freyheit gnug erläuben
Als kaum einem? aber nein.
Du gedachtst dich einzuschliessen,
Und dir selber im Gewissen
Aller Lüste Zwang zu seyn.
Darumb trugst du dich mit Sorgen
Deiner Herrschaft von dem Morgen
Biß auf späten Abend zu:
Suchtst du aber dein Ergetzen,
So war reiten, jagen, hetzen
Und der Garten deine Ruh.
Venus gab schon gantz verlohren,
Amor hielte sich beschworen,
Wir erschracken und dein Hauß,
Biß dein Hertz zurück gedencket,
Sich zu süsser Heyraht lencket
Und macht diesen Schluß darauß.
Sonst ist auch dein Thun und Sinnen,
Held, dein lassen und Beginnen
Nichts als Gottes Ehr' und wir,
Da ein Welt-Buch von zu schreiben,
Ich muß solches lassen bleiben
Und dein Ernst verbeut es mir.
Herr, was haben wir dir dessen
Für Vergeltung zuzumässen?
Gott bezahl' es umb und an,
Dessen Hertz' in deinen Gaben,
Als auch Fürsten können haben,
Sich vergnüget spiegeln kan!
Nasceris, alme Puer, tecumque renascimur omnes,
Natalisque fuit gentibus ille dies.
Adspicis ut, quotquot metus ante necaverat ater,
Te nato vitae spem melioris alant.
Nemo senex adeo est, quin se juvenescere clamet,
Ars Aeaea nequit quod tua vita facit.
Adde quod expertus lacerati flebile fatum
Hippolyti perte Virbius esse potest.
Cur ita naturae facies renovetur et orbis
Desine mirari, nascitur orbis amor.
Veris id esse putas? illum si bruma dedisset,
In ver purpureum versa fuisset hyems.
Wie daß der Himmel sich vernewert sampt der Erden?
Ein Fürst, die Lust der Welt, wird an dies Licht gebracht.
Wendstu das Vor-Jahr ein? Er käm' umb längste Nacht,
Der Winter würd' ihm stracks ein schöner Früling werden.

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TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Gedichte an das kurfürstliche Haus. Hertzinniglichste Frewde. Hertzinniglichste Frewde. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-679A-C