3. Klaglied
Die Greiffung
Was aber drähnt die Erd? Ist es von Füssen nicht?
Was scheint bey finstrer Nacht so vieler Fackeln Liecht?
Halt, sind es Waffen? Ja, ich höre Waffen kommen
Den Weg her, welcher wird nach Solyma genommen.
Ersteigt ein Feind die Stadt? Verstört der Held das Fest,
Der uns die Ostern nicht, wie bräuchlich, feyren läst?
Was? hör' ich nicht das Volck von Jesu sorglich zischen?
Hier ist er: sprechen sie, er sol uns nicht entwischen.
Auch Christus hört und kömpt zuvor derselben Schaar,
Als der ohn Widerspruch zu sterben willens war:
Wo wollt ihr Leute hin? Ihr dürfft euch nicht bemühen,
Ich bin es den ihr sucht, ich werd euch nicht entfliehen.
Für diesem Wort nur kan der Hauffe nicht bestehn,
Er weicht zurück und muß mit Sturm zu Boden gehn.
Es thönt, der Gipffel muß erzittern sampt dem Laube,
Da liegen Fackeln, Spieß, Schwerd, Kolb und Bickelhaube.
Doch stärcket sie der Zorn, sie stehen Krafftloß auff,
Gehn aber wieder ein und fallen hin zu hauff.
Sie fahren fort, der Grimm muß ihren Sinn verkehren,
Sie sehn handgreifflich Gott und können ihn verschwehren.
Vnd Judas frischt sie an, der führt die gantze Schaar,
Der seinem Herren so entgegen gehen thar,
O Büberey, er kan zum Meister sich gesellen
Sich freundlich gegen ihm voll aller Schalckheit stellen,
So zeichnet er den Raub, der falsche Liebes-Schein,
Ein Kuß muß dieser List und Boßheit Losung seyn.
Darauff wird nicht gesäumt, der Herr wird stracks von allen
Mit stürmender Gewalt gantz rasend überfallen.
Wol tausend halten ihm die Hände, tausend ziehn
Ihm Seil' her umb den Hals, und tausend schleppen ihn.
Der knüpfft ihm umb die Arm' ohn wiederstreben Stricke,
Der würgt und bricht ihm schier mit Knoten das Genicke,
Ein ander hat sein Häupt zu zausen nicht gespahrt,
Der raufft ihm unverschämt mit kühner Hand den Bahrt.
Wie wann der Hunde Spur kan einen Hirsch auffbringen,
Das Horn schlägt an, die Lufft muß überall erklingen,
Das arme Wild voll Furcht und Schrecken fleuget bald
Hin durch das freye Feld, ietzt durch Gepüsch' und Wald.
[374]Der Hund ist hinter her, ietzt springt er ihm entgegen,
Jetzt auff der Fersen nach, und folgt ihm allerwegen,
Biß daß er gar hinein mit offnem Rachen fällt,
Vnd solchen Raub nun fäst mit seinen Zähnen hält.
Dann sieht man alle, den ihn bey den Ohren fassen,
Den bey den Füssen, den die Kehle nicht verlassen,
So daß nun Raum gezerrt zu werden mehr gebricht,
Das grosse Wild begreifft der Mäuler Mänge nicht.
So fängt man Christum theils, theils sucht man ihn zu fangen,
Ihn auch nur angerührt begnüget ihr Verlangen.
Wo bleibt ihr Engel dann, springt ewer Heer nicht zu?
Was seht ihr diese That und sitzt in fauler Rhu?
Heran, vertheidigt ihn, man raubt euch ewren König,
Vnd ist er ewer Häupt, wie schätzt ihr ihn so wenig?
Vmbsonst, kein' Hülffe kompt auch von des Himmels Thron.
Die Jünger fliehen auch, wo jedes kan, davon.
Was zückest du dein Schwerdt, wirst du sie, Simon, jagen?
Kaum Simson würd' allein sich gegen Tausend wagen.
Er gleichwol geht, und häwt darein mit gantzer Macht,
Du kömpst ihm in den Schlag, nim, Malch, den Kopff in acht,
Da lägst du, wäre nicht der Hieb was abgeglitten,
Das Ohr wird hierdurch ihm doch schändlich abgeschnitten.
Noch mehr, er geht auff sie, in seinen Tod, hinein,
Als Gott mit dem Gewehr ihn heist zufrieden seyn.
Dein Schutz weis, Peter, nichts für dieses mahl zu schaffen,
Schlägt sie mein blosses Wort, was sollen deine Waffen?
Dieweil mein Vater ietzt mich reitzt durch sein Gebot,
Gebührt mir willig auch zu tragen alle Noht,
So spricht er, und schafft Raht dem Kopff und seiner Wunden,
Er setzt das Ohr hinan, stracks wird es heil befunden.
Dieß Wunderwerck erweicht doch ihnen nicht das Hertz,
Dem sich an Härte gleicht kein Caucasus, kein Ertz.
Sie schlagen ihn, mit Huld begegnet er den Schlägen,
Sie fluchen, er vergilt es mit Gebet und Segen,
Sie binden ihm die Händ', jedoch die heilsam' Hand
Ist zu der Krancken Nutz, gebunden auch, ohn Band.
Geht bösen Leute, geht, der Führer und Verrähter
Ist solcher Rotten recht, sie solchem Vbelthäter.