[127] [129]Danck-Reyme

An einen Hochweisen Raht der Löblichen Stadt Kneiphoff Königsbergk, als derselbte aus rühmlicher Gunst gegen die Gelarten mir jhrer an Pregel-Strom im Thum gelegenen Wohnungen eine hochgünstig eingereumet geschrieben von mir


Simon Dachen.


1644. 6. Mey.


Gott woll' es ewig lohnen
Des Kneiphoffs weisem Raht,
Der mir allhie zu wohnen
Geneigt erleubet hat,
Wo nach des Thumes Brücken
Der Pregel See-warts fährt,
Vnd seinen krummen Rücken
Stracks nach der Rechten kehrt.
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Gott, dem es vnverborgen,
Was mir zu Tag vnd Nacht
Die trüben Wohnungs-Sorgen
Für Kümmernis gemacht!
Die Schneck vnd Schildfrosch bringen
Ihr' Hütten mit zur Welt,
Der Mensch muß mühsam ringen
Eh' er ein Hauß erhält.
Nicht alle können erben,
Nicht alle so geschwind
Dieß Eigenthumb erwerben,
Wie fleissig sie auch sind,
Mein Heyraht-Gut kan geben
Gewünschte Lieb vnd Pflicht
Vnd alle Rhue im Leben,
Ein eigen Hauß nur nicht.
Nach eignem Grunde trachten
Ist nicht Poeten Brauch,
Wo dieses war zu achten
So bin ich einer auch;
Doch darumb auff der Gassen
Den Himmel sich allein
Erbärmlich decken lassen,
Scheint menschlich nicht zu seyn.
Wo in ein Faß auch kriechen
Geht dieses Orts nicht an,
Vor hat es bey den Griechen
Diogenes gethan.
Vnd könt ich so gleich leben,
Die Welt, die hoch gesinnt,
Großmühtig vberstreben,
Wo lass' ich Weib vnd Kind?
Auff hohen Zins wo bleiben
Trägt mein Verdienst nicht aus,
Wer lässt sich auch gern treiben
Offt in ein ander Hauß?
So gehts! an frembdem Strande
Erhalt ich Lob vnd Ruhm,
Vnd hie im Vatterlande
Hab' ich kein Eigenthum.
Homerus lag begraben,
Vnd Colophon wolt' jhn
Auch so zum Bürger haben,
Zum Bürger Salamihn,
Dieß sucht auch Smyrna eben.
Hie ist die Kunst-luft kalt,
Hie ist in meinem Leben
Für mich kaum Auffenthalt.
Ich weiß, ich bin bey weiten
Homerus gleichen nicht,
Ob darumb meinen Seiten
Auch alles Lob gebricht?
Für Marons Feld-Trompeten
Schwieg Flaccus Leyer still,
Vnd ist doch bey Poeten
Noch ein berühmtes Spiell.
Ich wil mich nicht vermässen,
Doch hat des Höchsten Handt
Auch meiner nicht vergessen,
Erholt sich nur mein Standt,
Kan ich nicht Maro heissen,
Rhümt mich nicht alle Welt,
So sing ich doch, was Preussen
Zum minsten wolgefellt.
Auch was ich schon geschrieben
Lernt Kirch, Hauß, Land vnd Stadt,
Vnd alles was belieben
An Kunst vnd Andacht hat,
Ich weiß mit guttem Grunde,
Mein schlechtes Reimelein
Werd in der letzten Stunde
Noch manchem tröstlich seyn.
Sol mich nun solcher massen
Bey diesem trewen Sinn
Mein Vaterland verlassen,
Dem ich zu Diensten bin?
Ich kan versichert leben,
Daß, was mit lieber Handt
Mir diesfals wird gegeben,
Nicht schlimm sey angewandt.
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Man legt bey Eitelkeiten
Offt dieß vnd jenes an,
Das bey gelehrten Leuten
Weit baß verfangen kan,
Kein Mensch ist so sein eigen,
Nur jhm vnd keinem reich,
Vns Lieb vnd Gunst erzeigen
Kriegt Nutz vnd Rhum zugleich.
Ich werd, Hochweise Herren,
Dir Ihr der Gutthat Thür
Mir wisset auffzusperren,
Ich werd' euch, gläubet mir,
Für diese Gunst erweisen
Des Hertzens tieffen Danck,
Werd ewre Gutthat preisen
Jetzt vnd mein lebenlang.
Was ich mit meinen Reimen
Nicht gnug erheben kan,
Mir niemals lassen träumen,
Das habt jhr mir gethan.
Ich hab an Ewre Güte
Zwar offt vnd viel gedacht,
Jedoch von dem Gemüte
Mir Hoffnung nie gemacht.
Ihr wolt nicht nur verhengen,
Daß niemand, wer er sey,
Mich nach der Zeit sol drengen,
Ihr habt mich auch dabey
An solchen Ort gesetzet,
Der, was in dieser Stadt
Mich inniglich ergetzet,
Volauff zu reichen hat.
Hie fleusst der linde Pregel,
Dort seh ich Wiesen stehn,
Die schnelle Flucht der Segel
Muß hier fürüber gehn.
Vmbher biß nach der Heyden
Hat mein Gesicht genies,
Stracks hinter diesen Weiden
Liegt Ewer Gut Schönfließ.
Rahts-Hoff ist mir zugegen,
Das Ewre Lust enthelt,
Zur Lincken ist gelegen
Das Kirchdorff Seelgenfeld,
Vnd Aweiden zur Rechten,
Von mehrerm schweig ich still,
Das sich in Reime flechten
Nicht füglich lassen will.
Sol mich die Lufft begnügen?
Hie ist sie frisch vnd rein.
Sucht ich auch Liecht zu kriegen?
Hie wohnt der Sonnen-Schein.
Wil ich nach Rhue auch stehen?
Die Stille herbergt hier.
Ein wenig mich ergehen?
Das Thor ist vor der Thür.
Hie werd ich erst recht tichten.
Der Pregel-Strom wird frey
Mich lehren, vnd selbs richten
Was gut vnd nicht gut sey.
Vnd Echo wird erklingen
Fern durch die freye Lufft,
Die lieblich, was wir singen,
Vns hier entgegen rufft.
Es mag sich prächtig zieren
Was jrgends weiß vnd kan,
Sucht Häuser auffzuführen
Vnd bawet Himmel-an
Ich werd Euch gar nicht neiden,
Nun ich nur Freyheit voll
Allhie ohn alles leiden
Mein Leben enden soll.
Hie wird mein Sitz sich gründen,
Hie bleib ich fort vnd fort,
Hie bin ich nur zu finden,
Kömpt wer aus frembdem Ort
Vnd hat nach mir zu fragen,
Der spreche hier mir zu.
Von hier sol man mich tragen
Zu meiner langen Rhue.
[131]
Ich hett', jhr Kneiphoffs-Väter,
Des gröbsten Lasters Schuld,
Vnd wer ein Vbelthäter,
Im fall ich diese Huld
Nicht suchte zu erkennen,
Im fall mein Hertz dabey
Nicht jmmer solte brennen
Für danckbarlicher Trew.
Was weis ich Euch zu bringen
Ohn blohß des Danckes Ehr'?
O könt' ich doch erzwingen
Von mir noch etwas mehr
Als inniglich ermässen
Die grosse Gutthat! nein:
Der Höchste wolle dessen
Selbs ein Vergelter seyn.
Der wird Euch nimmer lassen,
Euch vnd was ewer ist
In seine Gnade fassen
Zuwieder aller List.
Er wird Euch benedeyen,
Euch stets erfrewten Muth
Vnd klugen Raht verleihen
In allem was Ihr thut.
Der Stadt wird nicht entgehen
Was Ihr auff mich gewandt,
Sie wird im Segen stehen,
Erfahren bessern Standt.
Die schwere Zeit wird schwinden,
Die werthe Bürgerschafft
Sol vnter Euch empfinden
Der Nahrung newe Krafft.
Gott laß Euch ewren Nahmen
In vnverwelckter Blüet
Vnd segn' Euch ewren Samen
Ins hundert-fache Glied!
Er wol jhm Häuser geben
Theils hie in dieser Zeit,
Vnd theils nach diesem Leben
Das Hauß der Ewigheit.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dach, Simon. Gedichte. Weltliche Lieder. Hochzeitsgedichte. Danck-Reyme. Danck-Reyme. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-6804-5