Die Islandfahrer

»Ihr Segelbrüder, habt acht, habt acht!
Hängt über den Schiffsrand Schilde:
Von bösen Gewalten, von Riesen umwacht
Sind Islands öde Gefilde.
Ich hüte den Bugspriet: und schwömme daher
Der Midhgardhwurm an den Nachen –
Ich durchhieb' ihm das Haupt! – Du, Eisbart Swer,
Mit dem Speer sollst das Steuer bewachen.
Und hebt sich die Haffrau aus kreiselndem Meer,
Greift spritzend sie über die Planken, –
Dann wehrt mit den Schilden und bohre den Speer
Ihr, Eisbart, tief in die Flanken.
Doch getrost nun, Genossen! Das Land ist nah:
Noch wenige Ruderschläge!
Nur meidet die dräuende Klippe mir da,
Die umbrandete, zackige Säge! –
Seht, hart vor dem Bug uns der Balken schwimmt:
Mein First einst im Hofe zu Leimath:
Wo er landet, empfängt uns, götterbestimmt,
Die Scholle der neuen Heimat.
Die alten Runen, geritzt vom Ahn,
Er trägt sie, die Odhalsmarken,
Als Landnahmezeichen vorauf dem Kahn:
Denn die Erde gehört dem Starken.
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Wo er antreibt, bau' ich des Freihofs Wehr
Uns aus Norges trotzigen Eichen:
Laß sehn, ob über das weite Meer
König Haralds Arm wird reichen.
Und den Giebel schmück ich – Thôr gebeut's –
Mit dem Hammer und mit zwei Lanzen:
Laß sehn, ob der Pfaff das Christenkreuz
Wird über das Haupt uns pflanzen.
Schon landet der Balken, es knirscht das Boot!
An das Ufer mit hurtigen Füßen!
Aus dem Feuerberg flammt heiliges Rot,
Die letzten Heiden zu grüßen.«

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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2012). Dahn, Felix. Die Islandfahrer. Digitale Bibliothek. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-68BC-B