[298] Hako Heißherz
1.
»Jung Hako bleib, gut rat ich dir,
Es wankt mein Schritt zu Grab: –
Dein sei dies stille Mädchen hier
Und dein mein Königsstab.
Arm ist der Nord, doch ist er treu,
Und ist dein Heimatland:
Der Fremde Glück birgt bittre Reu:« –
Doch Hako hob die Hand:
»Nein, König Frode, dreimal nein!
Gib Säldas stilles Herz,
Gib weiserm Mann die Krone dein: –
Mich treibt es mittagwärts.
Hold ist ihr Antlitz, zart ihr Sinn,
Ihr Herz ist tief und rein:
Doch Hakos Heißherz Königin
Muß heißern Herzens sein!
Hier König über Norges Eis
Und Ficht' und Föhre sein,
Und Recht und Frieden sprechen weis'? –
Nein, König Frode, nein! –
Und ruhn zuletzt im Hügelgrab,
In Schlaf gewiegt vom Meer? – –
Behalte deinen Königstab:
Fort, fort drängt mein Begehr!
Empor auf stolzen Säulen steigt
Manch' Haus in Marmorglanz,
Von Myrt' und Lorbeer überzweigt,
Im Meere von Byzanz.
[299]
Manch Steinbild, alabasterweiß,
Lauscht dort aus stillem Grün,
Und schöner noch und lebensheiß
Nachtlock'ge Frauen glühn.
Hei! Gold und Wein und Rausch und Macht,
Dazwischen Kampf und Blut:
Ihr Segelbrüder, taucht vor Nacht
Den Seewolf in die Flut.
Eudoxia, du Kaiserkind,
Halt' Kron' und Gürtel fest:
Denn Hako Heißherz freit geschwind!
Auf, Seewolf, gen Südwest!« –
2.
Zehn Winter flohn. – Still Abendrot
Lag über Meer und Strand –
Da stieg aus morschem Fischerboot
Ein müder Mann zu Land.
Im Kronenschmuck ging Sälda hin,
Am Ufer mit den Fraun, –
Er rief sie an: »Heil Königin!
Dich einmal noch zu schaun!
Nun scheid' ich gern! o Heimatland!
O Norges Tannengrün!
O Möwenschrei auf Dünensand,
O weißes Wogensprühn!
Wie alles kam? – Sie, Schlag auf Schlag,
Und Glück und Glanz und Macht,
Ein Weib, schön, glühend wie der Tag
Und – falscher als die Nacht!
[300]
Der Seewolf? – Tief im Griechenmeer!
Die Segelbrüder? – Tot!
Mein Eigen? Dieser Eschenspeer
Und jenes braune Boot.
Mein Herz ward siech, mein Haar ward grau –
Ich heisch' nur Eine Gab':
Gib mir, o Sälda, hohe Frau,
Im Heimatland ein Grab!
Ja, lass' im Hügelgrab mich ruhn,
In Schlaf gewiegt vom Meer!« –
Da sprach sie still: »Zehn Jahre nun
Harr' ich der Wiederkehr:
Entflieh' den Deinen nicht so gleich:
Du warst so lang uns fern: –
Nimm, Flüchtling, nimm mein Königreich: –
Wie sehr verlangt's den Herrn!
Wohl ward ich stiller noch und bleich,
Du weißt's nicht: Sehnsucht zehrt:
Doch meine Hand soll heilen weich,
Wo dich die Welt versehrt.« –
»O, Sälda, heilig Nordlandkind!
Nie war ich würdig dein!«
Sie küßten sich im Abendwind: – –
Aufstieg der Sterne Schein.