In der Frühe am Altangeländer

In der Frühe am Altangeländer,
Ehe die Sonne noch aufgegangen
Und die gelbglitzernden Wolkenränder
An den rauchenden Bergketten hangen,
Frage ich stumm: Wann kommt das Wort »Friede«,
Wie dort der Strahl aus dem Morgengrauen,
Dem Aug' zur Freude, dem Ohr zum Liede,
Und dem Blut zu neuem Vertrauen?
Frage: Wann lernt der Geist wieder fliegen
Leicht in Gedanken, sorglos im Hoffen,
Wie sich Vögel im Götterbaum wiegen,
Wie der Garten der Frühsonne offen?
Steine klappern mit lebhaftem Schalle,
Munter springt dort der Rappe zum Grasen,
Kollernd flattern Truthennen vom Stalle,
Freigelassen zum tauigen Rasen.
Drüben beim Nachbarn lernt laut ein Knabe
Aus dem Koran die tausendste Sure;
In den Palmen jagt krächzend ein Rabe
Und überschreit der Tauben Gegurre.
Frisch in das Weltall klingt lautes Leben,
Harmlos wachsend zur Höhe der Stunden.
Ich nur stehe beklommen daneben,
An die Frage: Wer siegt? stumm gebunden.

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TextGrid Repository (2012). Dauthendey, Max. Gedichte. Des großen Krieges Not. Kriegsgedichte und Lieder der Trennung. Kriegsgedichte. In der Frühe am Altangeländer. In der Frühe am Altangeländer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-75BA-4