Gebet der Sättigung
Nun verging der Stern der Frühe,
meine Augenlider brennen;
und die Sonne kann mit Mühe
die gefrornen Nebel trennen.
Mich verdrießt mein nächtlich Brüten;
drüben an den Häuserwänden
sprießen diamantne Blüten.
Meine Prüfung kann nun enden! –
Dieser Keller: dumpfer Zwinger!
Auf die dunstbelaufnen Scheiben
will ich breit mit steifem Finger
Venus Rediviva schreiben!
Denn ich weiß, du bist Astarte,
deren wir in Ketten spotten,
du von Anbeginn, du harte
Göttin, die nicht auszurotten.
Aber Ich war weich wie glühend Eisen;
darum sollst du mich in Wasser tauchen,
bis mein Wille läßt sein siedendes Kreisen
und der Stahl wird, den wir brauchen.
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Nicht mehr will ich meine Brunst kasteien,
die dann mit berauschter Durstgeberde
wünscht, daß unsre Lüste fruchtbar seien
und ein Wurm zur Göttin werde.
Nach der Nacht der blinden Süchte
seh ich nun mit klaren bloßen
Augen meine Willensfrüchte;
denn ich bin wie jene großen
Tagraubvögel, die zum Fliegen
sich nur schwer vom Boden heben,
aber, wenn sie aufgestiegen,
frei und leicht und sicher schweben.
Glitzernd winkt mein Horst – Du Eine,
die ich liebe: Ja und Amen:
heute komm ich! heut soll meine
Klarheit Deinen Schooß besamen!
Schon errötet dort der Giebel;
Sonne, mach ein bischen schneller!
»Schuster – bring mir meine Stiebel,
heut verlass'ich deinen Keller!«