[114] Herbstschauer

Hinter fernen dunklen Häusermassen,
Versinkt die Sonne,
Ein tränenverschleiertes,
Müdegeweintes,
Riesengroßes Menschenauge.
Der Himmel aber leuchtet
Aus schwarzen Wolkenbänken
Matt und fahl,
Schier wie ein totenblasses Menschenkind,
Ein gramgebeugtes,
Das gern, so gerne sterben möchte –
Und leben muß.
Es klingt so schaurig
Wie Krankenstöhnen
Durch kahle Bäume
Das Ächzen des Windes,
Und gelbe, dürre, verfaulende Blätter
Sie tanzen mit ihm einen taumelnden Reigen
Und flüstern und rauschen
Geschichten sich zu,
Sterbenstraurig,
Verwesungsduftig
Und totentanzlustig.
Schwer auf die kalte, starre Erde
Tropft meiner Tränen brennende Saat ...
[115]
Nicht der Taumel schreiender Lust,
Nicht verspäteter Arbeit eherne Fessel
Tilgt aus der Seele den marternden Stachel,
Den das Bewußtsein
Eines verlorenen,
Achtlos verstreuten Lebens
Qualvoll hineinbohrt.

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Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Dörmann, Felix. Gedichte. Neurotica. Nachklänge. Herbstschauer. Herbstschauer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-80E6-5