[123] Umsonst

Im sausenden Wettersturm,
Barhäuptig,
Bin ich hinangeklettert
An nebeltriefenden,
Feuchten Felsen,
Hinein in schauerliche Klüfte,
In des Hochgebirges
Grauenhafteste Einsamkeit
Hab' ich meiner Seele
Schäumenden Zorn,
Alle verbissenen,
Langverheuchelten Qualen gerufen;
Angeklammert an zackige Felsenbrüche,
Überhängend halb
Über den Abgrund,
Hab' ich todeslüstern
Hinunter gestarrt –
Und doch nicht Mut gefunden,
Loszulassen.
In starrendes Zwerggestrüpp
Schlug ich die fiebernde Stirn
Und vergrub meine Zähne
[124]
In knorrigem Wurzelwerk.
Aber weder der Schmerz, noch der Zorn,
Weder die Scham, noch die Reue
Tilgte meiner Gedanken
Krankhaft verzerrte,
Faulige Brut.

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TextGrid Repository (2012). Dörmann, Felix. Gedichte. Neurotica. Nachklänge. Umsonst. Umsonst. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-815C-6