[125] Rhythmen

Wär's nicht besser,
Tausendmal besser,
Statt langsam hinzusiechen,
Abzusterben Glied für Glied –
Dieses verschleuderte,
Sündenbesudelte,
Elende Dasein
Schnell zu enden?
Ich bin nichts und weiß nichts und kann nichts!
Mein Leben war Wollust
Oder hie und da
Halbersticktes Geflacker
Kaum empfundner,
Schnell verrauchter Liebe.
Wem zu Gefallen
Weiterschleppen
Mein verkommenes,
Verfehltes Dasein?
Ja, wenn mein Herz und mein Hirn
Zu schweigen lernten,
Oder vergessen könnten,
Wenn das ungestüme Wollen
Meiner Seele
[126]
Zu nichts verflöge,
Wenn ich vermöchte
Still, genügsam, bescheiden zu werden,
Ja, dann vielleicht! –
Aber so –
Mit Riesenwollen
Und Zwergenkönnen,
Mit lächelnden Lippen
Und brechendem Herzen.
Nein, o nein!
Hinaus mit mir,
Schnell, schnell dorthin,
Wo die gefallenen Äser
Still vergraben werden ...

Abgeschlossen im Dezember 1889.

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TextGrid Repository (2012). Dörmann, Felix. Gedichte. Neurotica. Nachklänge. Rhythmen. Rhythmen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0002-81F2-3